2023 war mein Jahr des Lernens. Ein wichtiges, schönes und ungewöhnliches Jahr. Ich habe drei Aus- und Fortbildungen begonnen. Ich habe mein Thema gefunden und mir selbst meine Website gebaut. Ich habe angefangen zu bloggen und bin in die freiberufliche Selbstständigkeit gegangen. Vieles ist noch unsicher und nicht perfekt. Aber egal.
Alles ist besser als in den Jahren zuvor.
Mit der Wetter-App aus dem Tief: Programmieren
Mein Motto für 2023 hieß „Creativity“. Ich habe es im Dezember 22 ein bisschen ratlos in meinen Kalender geschrieben. Denn das Jahr lag wie eine unbekannte graue Masse vor mir, von der ich wusste, dass ich ihr irgendwie Gestalt geben muss, aber keine Ahnung hatte, wie.
Ein Berufsleben als Tageszeitungsredakteurin lag hinter und ein beruflicher Neuanfang vor mir, aber noch im Dunkeln. In irgendeiner fernen Zukunft, die noch nichts mit mir zu tun hatte.
Und hinter mir lag auch der würdelose Abschied aus der Redaktion, in der ich fast 25 Jahre lang gearbeitet hatte. (Fun Fact: Es gab nicht mal einen Abschied.)
Ich war bitter und betäubt.
Also tat ich das Naheliegendste.
Ich lernte programmieren 🤣.
Ohne zu wissen, was tatsächlich auf mich zukommen würde, meldete ich mich bei Shecodes an, buchte gleich einen großen Kurs und verbrachte den Winter mit HTML, CSS und Java Script vor meinem wunderschönen, blinkenden Editor. Ich jonglierte mit Tools, die so coole Namen hatten wie: Code Sandbox, Visual Studio Code, Color Picker, Bootstrap & GitHub – und war glücklich. Programmieren ist klar, eindeutig und schön. Programmieren fragt nicht, wer du bist, woher du kommst oder wie alt du bist.
Ich programmierte eine Landing Page, die mit einem Klick in den Dark-Modus wechseln kann. Ich staunte. Ich programmierte eine Welt-Uhr. Unglaublich. Ich programmierte eine Wetter-App. Das pure Glück.
(Hier geht’s zu meiner spektakulären Wetter-App 😊 😉)
Ich dachte: Wenn ich programmieren lernen kann, kann ich alles lernen.
Also habe ich einfach weitergelernt.
Funnel, SEO, Storytelling: Kann ich Marketing?
Ende Januar hat meine Fortbildung zum “Content Marketing Manager“ an der IU Internationale Universität angefangen. Das klingt toll und es waren aufregende fünf Monate. Aber, Spoiler: Ich bin bis heute kein „Marketing Manager“, sondern ich fühle mich wie jemand, der gerade so die grundlegenden Marketingregeln gelernt hat.
Texten, um zu informieren, das kann ich und das war mein Anspruch in meinem Leben als Redakteurin. Texten, um zu verkaufen – das fühlt sich anders an.
Insgesamt nehme ich viel mit und habe auch von den Dailys während er Ausbildung profitiert, einem täglichen Format, in dem es um persönliches und berufliches Wachstum geht. Das wichtigste Learning der Fortbildung war aber: Ich habe keine Probleme damit, auf einem akademischen Niveau mitzuhalten und gute Noten zu schreiben.
Das hat mich bestärkt und mir Selbstvertrauen und Mut zurückgegeben.
Schreiben: Eine Liebesgeschichte in Zeiten von KI
Irgendwann im Frühling hab‘ ich es gefühlt. Ja, ich habe ein Thema, mit dem ich arbeiten möchte. Und nein, es ist nicht das Programmieren und auch nicht Marketing. Mein Thema liegt klar schon mein gesamtes Berufs- (und Studenten- und Schülerleben) vor mir.
Frei nach den Grundsätzen des Ikigai, die ich den Dailys an der IU gelernt habe.
Mache
- was du liebst
- worin du gut bist
- wofür die Menschen dich bezahlen und
- was du der Welt zu geben hast.
Mein Thema ist das Schreiben und ich kann und möchte Menschen in ihrem Schreiben unterstützen.
Mir dämmerte allerdings schnell, dass ich den Zeitpunkt für diese weltbewegende Erkenntnis möglicherweise nicht optimal gewählt hatte. Mit ChatGPT, das ich selbst schon seit seinem Erscheinen im Herbst 2022 nutzte, und all den täglich wachsenden generativen Tools wird menschliches Redigieren, Lektorieren und auch das Schreiben stetig weiter entwertet.
Nach meinem Leben als Printredakteurin setzte ich also in meiner neuen beruflichen Entscheidung aufs nächste totgerittene Pferd, die nächste sterbende Branche.
🙄
Aber ich wurde bockig.
Ist Schreiben nicht viel mehr als Texte erstellen? Ist Schreiben nicht auch Wachsen, Denken, Lernen, persönliche Entwicklung, Haltung und Liebe? Sollen wir all das künftig an Maschinen abgeben? Wie verändern sich unsere Texte, unsere Geschichten und wir uns selbst, wenn wir nicht mehr „schreibend denken“, sondern nur noch prompten und redigieren? Können wir es uns leisten, den Schreibprozess zu überspringen? Was geht verloren? Und: Wollen wir das?
Diese Fragen trieben und treiben mich um. Abgesehen davon, dass ChatGPT vieles sehr gut kann – gliedern und coole Überschriften finden, brainstormen, Ideen sammeln, redigieren, SEO – schreibt er/sie oft schmierig süßliche, umständlich formulierte und austauschbare Texte. Das wird alles immer besser und perfekter werden, I know.
Dennoch liebe ich es, Texte von Menschen zu lesen, deren Schreibstimme klar und einzigartig durch jeden ihrer Sätze wabert. Die ihre eigenen, schrägen Formulierungen finden. Die ihre Geschichten abseits von glatten, weichgespülten Worten erzählen. Deren Sätze nicht aus recycelten und in der wahrscheinlichsten Reihenfolge wieder zusammengesetzten Buchstaben bestehen.
Ganz egal, was Maschinen künftig tun oder lassen.
Ich glaube an menschliches Schreiben.
Noch eine Ausbildung: Mein Weg in die Schreibberatung
Irgendetwas fehlte. Zwischenzeitlich hatte ich eine weitere Fortbildung angehängt: Die dreiteilige Ausbildung zur freien Lektorin an der Akademie der Deutschen Medien (ADM). Ich bin Mitglied im Berufsverband der freien Lektoren & Lektorinnen(VfLL) geworden und habe mich dort ins Lektorinnen-Verzeichnis eingetragen.
Mir dämmerte: Mit Texten umgehen kann ich ganz gut. Aber was ist mit den Schreibenden? Wie kann ich meine zukünftigen Kunden gut und nachhaltig in ihrem Schreiben unterstützen und nicht nur oberflächlich an ihren Texten feilen?
Ich habe mir dann einen akademischen Zugang ausgesucht, um dieses Thema anzugehen: Die Schreibberater-Ausbildung an der PH Freiburg. Soweit ich weiß, ist das die einzige offizielle Ausbildung – und schon die ersten Lektionen haben meine Sicht auf das Schreiben von Grund auf verändert.
Es war ein seltsamer Moment als mir aufging, dass ich mein gesamtes Berufsleben lang schreibe, mich aber jetzt zum allerersten Mal wirklich mit Fragen des Schreibprozesses und der Schreibforschung beschäftige. Bis dahin war mir nicht mal klar, dass es eine Schreibforschung gibt.
Wir bekamen stapelweise komplexe Literatur zum Durcharbeiten.
Schreibforschung hat, wie auch das kreative Schreiben, seinen Ursprung in den USA. Kurzer Exkurs: Dort hat das Schreiben einen anderen Stellenwert als bei uns. Creative Writing wird sowohl im Bildungssystem als auch in der breiten Öffentlichkeit hochgeschätzt und ist schon lange eine eigene akademische Disziplin. Es gibt eine lebendige Kultur rund um das Schreiben. Schreiben wird als Mittel zur persönlichen Entwicklung und als wichtiger Teil der Kultur gesehen.
Ich mag diesen Ansatz.
Auch Schreibzentren an Universitäten sind in den USA weit verbreitet. Bei uns gewinnen sie erst seit kurzem an Bedeutung. Als ich selbst studiert habe, gab es noch keine. Das akademische Schreiben wurde vorausgesetzt und war etwas, das wir uns irgendwie selbst beizubringen hatten. Nach dem Motto: Wenn du studieren willst, musst du das halt können. Mach!
Jedenfalls waren die Wochen während meines ersten Semesters dieser Ausbildung voller „Ahas“. Ich habe also eine Schreibbiografie und ich sollte sie kennen. Interessant. Es gibt Schreibertypen, die auf vollkommen unterschiedliche Art Schreibaufgaben lösen. Okay, noch nie vorher gehört. Wir haben gute und erprobte Werkzeuge, um Schreibblockaden oder andere Probleme während des Schreibens zu lösen. Schön zu hören. Unser Gehirn lernt während wir schreiben, deswegen ist es fatal, diesen Weg abzukürzen, etwa mit KI. Gut zu wissen.
Das Prinzip für unsere Beratungen lautet: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Als Beratende hören wir zu, geben wertschätzendes Feedback und unterstützen. Das durften wir im Oktober während des zweiten Ausbildungsbausteins gegenseitig üben. In meinem Oktoberrückblick habe ich darüber geschrieben.
Ich baue mir eine Website: evatextet.de
Irgendwie musste meine Selbstständigkeit anfangen. Seit Monaten tauche ich tief in der Online-Business-Bubble und fische Infos aus dem Netz. Am machbarsten erschien mir die Strategie von Judith: Mit einem Blog und Expertenwissen Sichtbarkeit und Reichweite aufbauen.
Klar war: Ich brauche eine Website.
Um es abzukürzen: Das Selberbauen der Website war die Blaupause für ganz viele Dinge und Tools, an die ich mich erstmal nicht rangetraut habe und mit denen ich heute ganz selbstverständlich arbeite.
Mein Standard-Workflow ist: Anfangen. Durchbeißen. Fehler machen. Fluchen. Tutorial anschauen. Fluchen. Weitermachen. Tutorial weitere 11 Mal anschauen. Sich mit dem Unperfekten anfreunden. Damit arbeiten. Fluchen. Schritt für Schritt optimieren.
(Danke Martin fürs Logo & Enza fürs Fotoshooting ♥️)
Meine 3 liebsten eigenen Blogartikel des Jahres
- Die Magie des wertschätzenden Schreibens.
Das war einer meiner schönsten Schreibmomente in diesem Jahr. Danke Christine, ich bin nächstes Jahr bei einem der Workshops auf jeden Fall wieder mit dabei. - Emotionen beim Schreiben
Hier geht es nochmal um KI und mein eigenes Schreiben. - Spontanes, freies Schreiben: Was ist Freewriting?
Der Blogbeitrag liegt mir vor allem deswegen am Herzen, weil so schöne Kommentare drunter stehen.
Mein Jahr 2023 in Zahlen
- Instagram-Follower: 48 (🤣😇)
- Facebook-Fans: 68
- Linkedin-Kontakte: 99
- Veröffentlichte Blogartikel: 9
- Selbstständig seit: 1. 11.
- Gefahrene Kilometer: 10676
- Gelaufene Kilometer: 1365
Was 2023 sonst noch los war
Ich liebe die Bücher von T.C. Boyle. Im Juni live und mit Widmung ♥️
Vitamin Sea 🌊♥️
Fotoshooting mit Zoey (Foto: Felix Russmann)
Meine Worte für 2024
Write. Shine ✨. Grow.
(Repeat).
Liebe Eva,
ich habe deinen Rückblick gelesen und bin bei „Wetter App“ hängengeblieben. Denn: ich suche wen, der das kann. Auch wenn es vielleicht easy zu lernen ist. Zeit…
Zu deinen Fragen mit der KI „Ist Schreiben nicht viel mehr als Texte erstellen? Ist Schreiben nicht auch Wachsen, Denken, Lernen, persönliche Entwicklung, Haltung und Liebe? “ – > Ja, ja, ja und nochmal ja. Speziell als Autorin stehe ich der KI da eher skeptisch gegenüber. Auch wenn sie für initiale Denkanstöße ganz nett sein kann.
Äh, ja, ich lasse mal noch viele Grüße da und versuche mein wildes Ideenhirn wieder einzubremsen.
Viele Grüße
Lucie
Liebe Lucie, danke für deinen schönen Kommentar ♥️. Natürlich kann uns die KI einiges abnehmen und uns unterstützen. Dafür nutze ich sie auch gern. Aber die Texte, die sie „schreibt“, sind oft wie die mit KI generierten Bilder: Irgendwie seltsam, kitschig und glatt. Ich möchte einfach nicht, dass so die Zukunft unseres Schreibens (und Lesens) aussieht. Liebe Grüße, Eva
Liebe Eva,
du schreibst! Das hat mich nach dem Anklicken deines Jahresrückblicks direkt angezogen und auch rein in deinen Beitrag 🙂
Danke für die Einsichten, die du ermöglichst und ich erkenne: wir lassen uns durch das Gleiche antreiben: die Lust am geschriebenen Wort!
Du bist darin vollselbstständig: wow, Respekt!
Und dazu noch technisch so fit, dass du vieles allein entwickelst, programmierst, installierst… ich gebe zu, da bin ich deutlich schlechter unterwegs… lach…
Aber Hauptsache: schreiben und eigene und fremde Worte im Leben haben.
Ich freue mich jedenfalls, deine Seite und deinen Blog gefunden zu haben (in der Liste unter Judiths JaRüBli) !
Wir lesen und schreiben uns hoffentlich noch des Öfteren!
Meinen Jahresrückblick findest du übrigens unter https://www.gabi-kremeskoetter.de/blog/2023/12/20/jahresrueckblick-2023-wortbefluegelt/
Gruß Gabi
Hallo Eva,
sehr schön dein Jahresrückblick – und in manchen Teilen ganz ähnlich wie mein eigener. Hab auch ein Fernstudium zum Online-Marketing-Manager gemacht 😅. Das Thema Schreibforschung und Schreibberater Ausbildung fand ich richtig interessant. Genauso wie deine neuen Programmier-Skills! WOW!
Liebe Grüße von Ute
(falls du möchtest, hier ist mein Blogartikel 2023:
https://webdesign-bildkonzept.de/2023-im-rueckspiegel/
Hallo Ute, ganz lieben Dank! Ich hab‘ mir deinen Rückblick durchgelesen, wir haben ja wirklich einige Parallelen. Schön! Und deine Seite gefällt mir sehr! Viele liebe Grüße, Eva
I feel you. Superschöner Text, wundervolles Jahresmotto. 2024 wird toll!
Hi Betty, danke für deinen lieben Kommentar ♥️
Liebe Eva,
was für ein aufregendes Jahr hinter dir liegt! Es ist so schön zu lesen, dass du dein Thema gefunden hast und dich trotz KI nicht davon abhalten lässt, deiner Leidenschaft zu folgen. Ich wünsche dir für 2024 nur das Beste! Herzliche Grüße, Melanie
Liebe Eva,
jetzt bin ich über deinen Jahresrückblick gestolpert. Klingt nach einem tollen Jahr mit spannenden Lernmomenten und Erkenntnissen. Ich kann so vieles nachempfinden, was du über deinen aktuellen Weg schreibst!
Wie schön, dass mein Workshop 2023 einer deiner „schönsten Schreibmomente“ war, das freut mich wirklich sehr. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder online. Bis dahin wünsche ich dir einen wunderbaren Start in ein hoffentlich ebenso schreibfreudiges neues Jahr!
Herzliche Grüße
Christine
Hallo Christine,
ja, das war wirklich ein schönes Workshop-Wochenende. Für mich war es deswegen etwas Besonderes, weil ich zum ersten Mal nach langer Zeit nicht beruflich, sondern wirklich persönlich geschrieben habe.
Und die Reaktionen innerhalb der Gruppe sind so motivierend. Gateless Writing ist einfach ein schönes, bestärkendes Format.
Ich wünsch‘ dir auch ein wunderbares Jahr! Alles Liebe, Eva