In diesem Blogbeitrag geht es um Methoden, die unser Schreiben begleiten und uns helfen, unseren Schreibprozess voranzubringen.
(Du kannst den etwas sperrigen Theorieteil überspringen und gleich bei den Kreativitätsmethoden anfangen, indem du im Inhaltsverzeichnis auf die jeweilige Überschrift klickst.)
„Writer-Based Prose“ (oder „autorzentrierter Text“) ist ein Begriff aus der Rhetorik und der Schreibpädagogik, der (Hilfs-)Texte beschreibt, die hauptsächlich aus der Perspektive des Verfassers geschrieben und strukturiert sind und den eigentlichen Schreibprozess begleiten.
Diese Texte spiegeln in erster Linie die Denkprozesse, Erfahrungen und das Verständnis des Autors wider, anstatt sich auf die Bedürfnisse und das Vorwissen der Leserschaft zu konzentrieren.
Beim Konzept des „Write to Learn“ wird das Schreiben als Werkzeug für das Lernen und das tiefe Verständnis von Inhalten genutzt. Es geht davon aus, dass das Schreiben selbst ein kognitiver Prozess ist, der das Lernen und Verstehen fördert. Beide Konzepte betonen den Wert des Schreibprozesses selbst, nicht nur den des fertigen Textes.
Im Schreibfluss bleiben: Schreibproblemen begegnen
Davon ausgehend haben sich Methoden und Techniken bewährt, die bei Schreibproblemen helfen und Schreibblockaden auflösen können. Die Methoden – wie Freewriting, Clustering oder das Führen eines Journals – helfen dabei, im Schreibfluss zu bleiben und den inneren Zensor zu umgehen.
Mit dem Tool ChatGPT (und Künstlicher Intelligenz ganz allgemein) hat nun ein neuer „Sparringspartner“ im Schreibprozess den Ring betreten. Einen verantwortungsbewussten Umgang vorausgesetzt, kann ein Chatbot Schreibende bei der Ideenentwicklung, der Strukturierung oder der Formulierung unterstützen.
Journaling
Journaling oder Tagebuch schreiben ist eine effektive Methode, um Schreibblockaden zu überwinden, auch im wissenschaftlichen Schreiben.
Es ermöglicht Schreibenden, Gedanken, Ideen, Fortschritte, Herausforderungen und Reflexionen über ihr Schreibprojekt aufzuzeichnen.
Ein Journal bietet einen sicheren Raum, um Frustrationen, Ängste, Zweifel und Erfolge auszudrücken. Dies kann dazu beitragen, Stress abzubauen und eine positivere Einstellung zum Schreiben zu fördern.
Alles in einem: Tagebuch, Reflexion, Kalender
Seit vielen Jahren praktiziere ich Journaling als eine Mischung aus Tagebuch, Reflexion, Kalender, Planer, Sammlung, Tracker, Kreativitäts-Tool und privatem Workspace. Am besten arbeite ich in einem hochwertigen Notizbuch mit dicken Seiten und mit schwarzer Tinte. Es ist eines meiner wichtigsten Kreativitäts- und Struktur-Instrumente und ich profitiere sehr davon.
Aufgrund meiner eigenen guten Erfahrung würde ich Journaling jederzeit weiterempfehlen. Jede/r Schreibende kann es individuell ihren/seinen Bedürfnissen, ihrer/seiner Motivation und ihren/seinen Schreibproblemen anpassen.
Clustern
Die Methode des Clusterns, die Gabriele L. Rico beschrieben hat, ist ein kreativer Prozess, der darauf abzielt, das Gehirn natürlicher und intuitiver zu nutzen als mit traditionellen linearen Methoden. Rico entwickelte die Methode zu einer Zeit, als es noch nicht üblich war, Texte auf Computern zu schreiben. Ein Text musste damals perfekt und konsequent vorgeplant sein. Löschen, Ausprobieren, Wörter verändern oder verschieben, copy & paste – all das war nicht möglich. Mit ihrem Konzept des Clusterns brach sie die Linearität des damaligen Schreibens auf.
Rico betont, dass unser Gehirn zwei Seiten hat – die rechte, kreative und intuitive Seite, und die linke, logische und analytische Seite. Sie behauptet, dass effektives Schreiben ein Gleichgewicht zwischen diesen beiden Hirnhälften erfordere. Clustering sei eine Methode, um beide Hirnhälften zusammenarbeiten zu lassen.
Der Schreibende beginnt mit einem so genannten Nucleus oder Kernwort, dem Kern der Idee oder des Themas, schreibt es in die Mitte eines leeren Blattes und umkreist es. Anschließend lässt man die Fantasie frei, assoziiert, schreibt alle Wörter und Phrasen auf, die einem in den Sinn kommen und verbindet diese in Linien zum Kernwort. Der Prozess wird für jedes neue Wort fortgeführt, bis eine Art „Karte“ aus Worten und Ideen, entstanden ist.
Thematische Tiefe finden: Ideen und Struktur für deinen Text
Clustern nach Gabriele L. Ricos Buch „Writing the Natural Way“ (deutsch: „Garantiert schreiben lernen“) zog sich als Empfehlung durch meine journalistische Ausbildung. Ich habe sie damals angewandt, um Themen zu finden oder einzukreisen oder auch, um Struktur in einen journalistischen Text zu bekommen.
Die Methode empfinde ich als vor allem zum Strukturieren von Texten sehr hilfreich. Empfehlen würde ich sie im wissenschaftlichen Arbeiten, um Unterthemen, Kapitel und Unterkapitel zu finden. Für literarische Projekte ist sie geeignet, um thematische Tiefe zu finden, sich einem Thema assoziativ anzunähern und so die ausgetretenen Wege zu verlassen.
Freewriting
Freewriting beschreibt einen Prozess, in dem der Schreibende kontinuierlich schreibt, ohne sich um Grammatik, Rechtschreibung oder den logischen Fluss der Gedanken zu sorgen. Ziel ist, den inneren Zensor auszuschalten und den Gedanken freien Lauf zu lassen.
Die Angst vor dem leeren Blatt und der Schreibaufgabe überwinden
Gute Methode, um ANZUFANGEN oder sich warm zu schreiben. Die Angst vor der leeren Seite und der Respekt vor der Aufgabe werden kleiner. Man schreibt ja schon. Funktioniert bei mir nur so mittel gut. Die eigentliche Aufgabe wird mit dieser Methode nur aufgeschoben.
Die Methode kann bei unerfahrenen Schreibern, denen das Schreiben an sich schon Respekt einflößt, innere Barrien abbauen. Ziel ist, den inneren Zensor auszuschalten. Der/Die Schreibende wird ermutigt, spontan zu schreiben und Assoziationen und Ideen zu erforschen, die sonst durch zu viel Selbstzensur unterdrückt würden.
KI als Sparringspartner
Chatbots wie ChatGPT eignet sich meiner Erfahrung nach sehr gut als Partner im Schreibprozess. Ich kann die Unterstützung durch solche Tools Schreibenden – mit gewissen Auflagen – weiterempfehlen.
Wer im Schreibprozess ins Stocken gerät, kann sich neue Ideen und Wege vorschlagen lassen. Gut eignen sich die Sprachassistenten auch, um Inhalte (um-) zu strukturieren und zu gliedern. Wer nicht weiterkommt, kann sich Hilfe beim Formulieren holen (auch wenn das nicht sehr kreativ ist 😉).
Dem steht entgegen, dass Lernprozesse während des Schreibens möglicherweise verloren gehen, da der Bot dem Schreibenden diesen wichtigen Teil des „writing to learn“ abnimmt.
Creative Writing
Mit Creative Writing sind hier Methoden gemeint, die das literarische oder autobiografische Schreiben befeuern sollen. Es geht um Fantasie, Perspektive, Dialoge, das Prinzip: „Show, don’t tell“, den Mut, Geschichten zu erzählen oder zu erfinden.
Übungen aus dem Creative Writing, wie sie in neuerer Zeit etwa in den Büchern von Doris Dörrie („Leben, schreiben, atmen“, Diogenes, 2019) oder Jesse Falzoi angeregt werden, eignen sich sehr gut, um Schreibproblemen entgegenzutreten.
Profil schärfen: Spielerisch schreiberisches Selbstvertrauen aufbauen
Die Methode schärft das eigene Profil als schreibende Person. Sie schenkt schreiberisches Selbstvertrauen. Sie übt das Schreiben auf spielerische und kreative Weise ein.
Schreiben über das eigene Leben, Geschichtenschreiben, Gedichteschreiben oder überhaupt SCHREIBEN ist (so gut wie) immer eine Bereicherung. Und: Es macht Spaß!
Beispiel einer Creative- Writing-Aufgabe von Jesse Falzoi:
Der Film Yesterday spielt mit der Idee, dass es die Beatles niemals gegeben hat. Nur ein erfolgloser Musiker erinnert sich an sie. Stell dir nun vor, du bist der oder die einzige, der oder dich sich an ein wichtiges Ereignis erinnert. Schreibe eine Geschichte.
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