Zweite Pubertät: Über Sinnsuche und Neustart

Zweite Pubertät: Über Sinnsuche und Neustart

Die 50 empfand sie als Zeitenwende. Das äußerliche Älterwerden fand sie schwierig und in ihrem Umfeld platzten lauter kleine Beziehungsbomben. Dann kam der Bandscheibenvorfall. Im Interview erzählt die Stuttgarter Verlegerin Petra Kiedaisch, warum sie ein Buch über den Umbruch in der zweiten Lebenshälfte geschrieben hat.

 

Das Gespräch mit Petra ist für mich gleich dreimal spannend. Zum einen, weil wir uns seit der Schulzeit kennen und schon unsere erste Pubertät gemeinsam erlebt haben. Zum anderen, weil mich das Thema Älterwerden, genau wie Petra, persönlich betrifft und beschäftigt. Und zum dritten: Für einen Blog über Bücher und Schreiben ist eine Verlegerin, Herausgeberin und Autorin als Gesprächspartnerin das pure Glück.

 

Liebe Petra, dein Buch heißt 45 +, ein Buch über eine Umbruchszeit, über die zweite Lebenshälfte. Du schreibst, die Zeit um den 50. Geburtstag war für dich ein Wendepunkt. Was ist da passiert?

Zunächst mal fühlte ich mich nicht wohl mit der 50. Mit 49 habe ich ein bisschen Panik bekommen, weil ich dachte: Mein Leben ist auf einem Höhenpunkt. Es war ein Flow – und ich wollte einfach, dass es so bleibt. Mir war klar, dass die 50 eine Art Abstieg werden könnten. Ich weiß nicht, ob es Zufall war: Aber dann kam der Bandscheibenvorfall, der mich körperlich ein Jahr lang komplett eingeschränkt hat.

 

Das blieb, wie du in der Einleitung erzählst, nicht das einzige…

Genau. Im gleichen Jahr wurden meine beiden Eltern pflegebedürftig. Und im Freundes- und Bekanntenkreis sind viele kleine Bomben geplatzt. Paare, von denen ich dachte, sie seien „Power-Couples“ und sie bleiben für immer zusammen, haben sich auf einmal getrennt. Verheiratete Männer haben mit jüngeren Frauen Kinder bekommen. Freundinnen waren in ihrem Beruf unzufrieden und wollten Yogalehrerin oder Coach werden. Es kamen also noch Sinnfragen hinzu. Irgendwann war ich mit meinem Latein am Ende.

 

Warum war das so ein Problem für dich?

Ich bin ein sehr strukturierter Mensch und habe immer einen klaren Plan. Von 30 auf 40 hatte ich jedenfalls noch einen. Von 40 auf 50 grade noch so. Aber dann, mit 50, plötzlich keinen mehr.

 

Wie bist du damit umgegangen?

Irgendwann hat eine Freundin gesagt: ‚Jetzt hör‘ auf zu klagen, wir gehen doch alle da durch‘. Dann war Pandemie, ich hatte Zeit und habe eine Ausbildung als psychologische Beraterin angefangen. Dort habe ich gelernt, wie man mit Situationen umgeht, in denen man mit seiner jetzigen Charakterstruktur oder Persönlichkeit nicht mehr weiterweiß.

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Schön platziert auf der Frankfurter Buchmesse: 45+.

 

Deine Zielgruppe, Menschen zwischen 45 und 65, fasst du unter „späte Babyboomer und Gen X“ zusammen. Gehen wir – die in den 1970er und 80er Jahren Aufgewachsenen – anders mit dem Altern um als die Generationen vor uns?

Der soziologische Ansatz der Generationen passt hier nicht ganz. Es gibt Boomer, die denken sehr fortschrittlich und gehen konstruktiv mit dem Älterwerden um. Und dann gibt es eher Konservative, die sich ganz in ihrer Generation verorten und darauf pochen, dass sie jetzt, bitte schön, in Rente gehen und das Leben aber so weitergehen soll wie bisher. Die sich einfach mit Veränderungen schwertun. Und bei den Gen Xern ist es genauso. Ich meine also eine Schnittmenge. Welche Probleme bei den einzelnen auftauchen, ist immer individuell. Das kann man nicht mit einem Ratgeber lösen.

 

Das war ja auch nicht dein Anspruch…

Nein, gar nicht. Mir ging es darum, Türen zu öffnen. Meinen Lesern klarzumachen, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind und wohin sie sich wenden können. Es gibt viele Tabus, Themen, die man auch mit Freunden und Freundinnen nicht besprechen kann. Auch wenn unsere Generation gelernt hat, offen zu sein.

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Kaffee-Treffen im Stuttgarter Heusteigviertel: Petra und ich im Sommer 2023.

 

Ändert sich das nicht gerade? Meinem Empfinden nach gibt es im Netz mittlerweile Austausch über die intimsten Dinge.

Da steckt auch die Demografie dahinter. Wir sind tatsächlich ein Drittel der Deutschen. Das ist verdammt viel. Das wird jetzt wie eine Welle kommen, dass nicht nur Frauen und Wechseljahre ein Thema sind, sondern, dass unsere Gesellschaft an sich in den Wechseljahren ist. Deswegen werden diese Tabus von Tag zu Tag öffentlicher.

 

Kannst du ein Beispiel nennen?

Neulich gesehen: In einem Spot auf dem besten und teuersten Werbeplatz, kurz vor der Tagesschau, sitzen fünf Frauen zusammen und sprechen über Gleitcreme und Hormonersatztherapie. Bis vor ein, zwei Jahren undenkbar. Ein weiteres Indiz: Ich habe versucht, einen Experten oder eine Expertin für das Thema Sexualität und Sinnlichkeit ab 45 für mein Buch zu bekommen. Ich habe bei sämtlichen bekannten Sexualtherapeuten und -therapeutinnen der Republik angefragt. Alle waren komplett überlastet und unter Vertrag mit anderen Dingen: Einem eigenen Buch, einem Podcast.

 

Das ist doch eine positive Entwicklung….

Ja. Aber in der nächsten Auflage meines Buchs will ich das Thema drin haben.

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Petra mit ihrem Verleger beim Hirzel Verlag, Dr. Christian Rotta.

 

Philipp Roth hat in seinem Roman „Jedermann“ einen berühmt gewordenen Satz geschrieben: „Das Alter ist kein Kampf. Das Alter ist ein Massaker“. Er erzählt von endlosen Verlusten. Ich habe dieses Buch vor etwa zwanzig Jahren gelesen und war sehr erschrocken. Kann mir dein Buch die Altersangst ein wenig nehmen?

Roth schreibt ja Belletristik und wir sind hier im Sachbuchbereich. Mein Buch ist ein Ratgeber. Ja, ich habe die Erfahrung von Verlust auch gemacht, wollte sie aber ins Konstruktive wenden. Ein Umstand, den ich zum Beispiel total unterschätzt habe, ist, dass unser Älterwerden so sichtbar wird, dass ich mich selbst neu verorten musste.

 

Wie meinst du das?

Ich mache sehr viel am Abend: Vernissagen oder ehrenamtliche Events, wo ich auf Frauen treffe, die vielleicht 30 oder 40 sind. Und man merkt auf einmal: Diese Frauen behandeln mich wie „Die Ältere“. Das war für mich neu und fand ich irgendwie komisch. Überhaupt das äußerliche Älterwerden. Ich habe mich nie über mein Aussehen definiert. Aber ich will auch nicht NICHT mehr gesehen werden.

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„I shot the Serif“: Wand-Deko in Petras Verlag avedition.

 

Und wie schafft man es, als mittelalte oder ältere Frau nicht unsichtbar zu werden?

Ich wollte für mich einen Weg finden, mit meiner verbleibenden Lebenszeit umzugehen, ohne ständig vor Selbstmitleid schlechte Laune zu haben. Weil ich einfach ein positiver, konstruktiver Mensch bin. Ich möchte einen Plan haben, möchte mich auf etwas freuen können und neue Ziele haben. Deswegen habe ich für mein Buch dieses Expertenteam zusammengestellt. Weil ich wissen wollte, wie gehen denn die in ihrem jeweiligen Fachgebiet mit diesem Thema um.

 

Ich habe in deinem Buch einiges gelernt, was ich noch nicht wusste. Etwa, im Kapitel „Philosophie“ über das Konzept einer biografischen Heimat und der Sehnsucht nach dem Gefühl, etwas zum ersten Mal zu tun. Was hast du Neues von deinen Experten gelernt?

Dass uns alle ganz zentrale Fragen umtreiben. Es geht nicht nur um die berühmte „Bucket List“, sondern um Sinnfragen. Wo ist meine Heimat? Wie gehe ich durch mein weiteres Leben? Dazu muss ich eine Haltung haben oder finden. Aus dem Beitrag der Psychologin habe ich gelernt, dass man mit seinem Schicksal nicht hadern sollte, sondern sich auch Fehler eingestehen kann, krumme Wendungen im Leben annehmen muss, nicht ständig Versäumtem nachtrauern. Zu akzeptieren: Egal, wie ich an den Weggabelungen abgebogen bin, das ist mein Leben.

 

Und ganz praktisch?

Da habe ich von allen etwas gelernt. Gerade das habe ich ja so vermisst. Dass mir jemand sagt: Diese Untersuchungen brauchst du, diese Dokumente, diese finanziellen Überlegungen sind sinnvoll. Das Buch ist auch mein eigenes Instrumentarium fürs Älterwerden.

 

Im letzten Kapitel geht es um Glauben und Religion, ein Pfarrer kommt zu Wort. Warum war dir das wichtig?

Ich selbst bin ja nicht gläubig und auch nicht mehr in der Kirche. Ich wollte Spiritualität trotzdem als Thema im Buch haben, aber das ist schwer fassbar, weil es ja so viele Formen gibt. Es gibt zwei Momente, in denen ich gemerkt habe, Glaube darf nicht fehlen. Zum einen weiß man, dass Menschen auf der ganzen Welt in Krisensituationen im Glauben Halt finden und dass deren Resilienz sich aus dem Glauben an etwas Göttliches speist. Das nutzt auch die Psychologie, zum Beispiel begleitend in einer Therapie. Und zum zweiten, das habe ich auch mit meinen Eltern erlebt: Wenn es dem Ende zugeht und einem die Endlichkeit bewusst wird oder man mit einer Krankheit nicht klarkommt, dann hadert man ungemein und sucht Hoffnung im Jenseits.

 

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Lösungen fürs entspannte Älterwerden: Nicht zweifeln. Nach vorne schauen. Auf die Gesundheit achten.

 

War dieses Buch für dich ein Herzensprojekt und vielleicht auch ein Projekt der zweiten Lebenshälfte, dass du unbedingt verwirklichen wolltest?

Ein Herzensprojekt auf jeden Fall, aber nicht, weil ich unbedingt ein Buch schreiben wollte. Ich bin eine passionierte Herausgeberin. Ich kann sehr gut Menschen zu einem Thema zusammenbringen. Das habe ich schon in meiner wissenschaftlichen Zeit, vor meiner Arbeit bei avedition gemacht. Ich habe Beiträge geschrieben oder Regie geführt. Und dann auch bei avedition im eigenen Programm immer mal wieder etwas herausgegeben. Bei 45+ war mir klar: Ich will dieses Buch nicht komplett schreiben, sondern ich brauche Profis.

 

Wie läuft so ein Entstehungsprozess ab? Wie viel Vorlaufszeit hatte das Buch?

Ein Jahr für die Konzeption.  Ein Jahr für das Suchen und Finden der Experten und das Sammeln der Texte. Und das dritte Jahr für die Verlagssuche. Neu war, dass ich das ganze Buch schon im Kopf hatte. Ich wollte ein Raster haben. Ich wollte einen bestimmten Stil haben. Ich habe ein Autoren-Sheet angelegt, da stand genau drin, wie zu schreiben ist, wie lange die Absätze sein dürfen und dass ich keine Fußnoten haben will.

 

So kenne ich dich: Extrem strukturiert und durchgeplant.

Ja, ich weiß, ich bin ein Strukki (lacht). Ich wollte auch, dass die Leser schon im Inhaltsverzeichnis sehen, aha, in diesem Kapitel werde ich abgeholt. Ich wollte alle Triggerworte dort drin haben und habe allen Experten meine Vorschläge für diese Worte mitgeschickt. Ich hatte ja recherchiert und wusste, wo’s wehtut. Die Inhalte sind natürlich komplett von den Experten. Aber formal habe ich strenge Anweisungen gegeben. Auch mit den Checklisten am Ende der Kapitel. Für manche war das schwierig. Es war eine eher untypische Herausgeberschaft.

 

Was war dir abgesehen von den Formalien noch wichtig?

Dass alle Profis ihres Faches sind. Ich kam bei der Recherche auf viele Wissenschaftsjournalisten, das sind meist studierte Geisteswissenschaftler. Ich wollte aber keine Rat gebenden Halbprofis, sondern Experten, die ihr Fach studiert und schon publiziert haben und sich dadurch unakademisch ausdrücken können.

 

Du bist jetzt als Autorin, die bei einem anderen Verlag als dem eigenen publiziert. Wie fühlt sich das an?

Für mich ist das neu. Ich bin so gespannt und ruf oft beim Verlag an und frage: Wie laufen die Verkäufe? Wann kommt die nächste Besprechung. Also genau das, was die Autoren sonst bei mir im Verlag machen. Ich bin jetzt auf der anderen Seite. Das ist eine schöne Erfahrung. Sehr aufregend.

 

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Messestand in Frankfurt.

 

Wie sieht der Markt für Ratgeber und Sachbücher zurzeit aus?

Der Ratgeber-Markt gilt als extrem schnelllebig. Am besten bist du als Autorin auch gleich Influencerin mit einer Million Followern. Promis können gut erfolgreich Ratgeber machen. Ansonsten ist es ein hart umkämpfter Markt, aus dem man schnell wieder verschwindet. Es zählen Auflage und Schnelligkeit.

 

Du hast dein Buch untertitelt mit „Ein Ratgeber für die Zweite Pubertät“, im Buch aber gleich geschrieben, dass „Zweite Pubertät“ kein Fachbegriff ist, sondern plakativ gemeint. Da wir beide uns seit der Kindheit kennen und auch die Pubertät gemeinsam erlebt haben, eine für mich spannende Frage: Welche der beiden Umbrüche war für dich schwerer?

Die erste Pubertät war auch schwierig, aber ich wusste damals, wo ich hinwollte. Ich wollte Germanistik studieren, ich habe nicht mit der Welt gehadert. Vielleicht habe ich mit meinem Körper gehadert, aber ich hatte einen Plan. Die Bücher waren meine Welt, da konnte ich alles ausleben. Die zweite Pubertät hat mir wesentlich mehr zugesetzt. Jetzt hatte ich schon alle Bücher gelesen – und war trotzdem am Ende meiner Weisheit.

 

Ein weiterer Untertitel lautet: Tipps und Strategien für ein gelungenes Älterwerden. Deswegen meine letzte Frage: Welche drei für dich wichtigsten Tipps sollten wir alle beim Älterwerden beherzigen?

Erstens: Anpacken. Nicht zweifeln, nicht hadern. Anpacken. Zweitens: Nach vorne schauen und Neues entdecken. Also die Neugierde wieder ins Leben lassen und aus der Routine ausbrechen. Und drittens: Auf die Gesundheit achten.

 

Danke, liebe Petra, für das schöne Gespräch ♥️

 

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Autorin

Petra Kiedaisch ist Verlegerin, Herausgeberin und psychologische Beraterin. Geboren 1967, steckt sie selbst mitten in der Zweiten Pubertät. Sie hat Germanistik, BWL und Literaturvermittlung studiert und in Neuerer Deutscher Literaturgeschichte promoviert. 2014 hat sie den Stuttgarter Verlag avedition als geschäftsführende Gesellschafterin übernommen (Foto: Jan Reich)

 

Buch
Dr. Petra Kiedaisch (Hg): 45 + Ein Ratgeber für die Zweite Pubertät. Tipps und Strategien für ein gelungenes Älterwerden. Hirzel Verlag, 2024, 224 Seiten, 24 Euro.

Hier gibt es mehr Infos zum Buch, einen Blick ins Inhaltsverzeichnis & eine Leseprobe

Und hier geht’s zu Petras Website mit den  Terminen zu Lesungen.

 

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Mit Liebe zum Sachbuch

Mit Liebe zum Sachbuch

Sachbuchliebe pur! Ich kann es immer noch nicht glauben: Elf Frauen haben bei meiner Blogparade „Welches Sachbuch möchtest du schreiben“ mitgemacht. Ich freu‘ mich immer noch so 💃🏻🚀✨. Jedes der elf (noch im Entstehen begriffenen) Sachbücher verspricht einen Schatz an Erfahrung, Wissen und Inspiration – und ich wünsche mir wirklich von Herzen, dass alle Autorinnen ihr Buchprojekt verwirklichen. Jedes einzelne dieser Bücher muss in die Welt kommen. Unbedingt!

Ich selbst bin nur mit einer vagen Idee an den Start gegangen: Schreiben: Eine Liebesgeschichte in Zeiten von KI. Die meisten meiner Teilnehmerinnen hatten dagegen schon ein fertiges Konzept, einige sogar schon das Cover ihres künftigen Buchs und teilweise ausformulierte Kapitel.

Ich liebe gut geschriebene Sachbücher. Und gerade in diesem Bereich boomt die Texterstellung (ich werde es niemals „schreiben“ nennen) mit der künstlichen Intelligenz.

Meine Blogparade hat mir gezeigt, dass es unser Wissen, unser Erfahrungsschatz, unsere Persönlichkeit sind, die unser Schreiben so wertvoll und einzigartig machen. Weil eine Maschine solche Erfahrungen nicht hat und somit in ihren Texten auch nicht  authentisch weitergeben kann.

Weil ich glaube (und hoffe), dass das Schreiben bei uns bleibt – und in naher Zukunft nicht Teil eines automatisierten, entmenschlichten Produktionsablaufs wird.

Weil ich möchte, dass WIR solche Bücher schreiben. Das ist übrigens das Thema *meines* zukünftigen Buches: Ein Plädoyer für menschliches Schreiben.

Hier kommen alle Mitbloggerinnen in willkürlicher Reihenfolge. Danke an alle, dass ihr mitgebloggt und euer Herzensthema mit mir und den Lesern meines Blogs geteilt habt 🫶🏻

 

Trauma verstehen und Wege zur Heilung

📚 Stefanie Wittiber-Schmidt war meine erste Teilnehmerin. Ich war sehr stolz und glücklich. Selbst, wenn sie die einzige geblieben wäre, hätte sich meine Blogparade für mich gelohnt. Ihr Sachbuch soll „Trauma verstehen: Wege zur Heilung“ heißen. Sie schenkt uns darin einen großartigen, fundierten, tiefen Einblick ins Thema und zeigt Wege, wie wir Traumata verarbeiten und heilen können. Sie sagt: „Trauma zu verstehen ermöglicht einen anderen Blick auf die eigenen Symptome, macht Hoffnung und zeigt die Wichtigkeit körperorientierter Therapieansätze“. Hier ist der Link zu ihrem Beitrag:

https://stefanie-wittiber-schmidt.de/trauma-verstehen/

Mit Mikropausen zu mehr Konzentration

📚Susanne Wagner  plant einen Ratgeber zum Thema „Mikropausen“: Sie zeigt darin, wie wir weg vom Bildschirm kommen und mit Mikropausen Geist und Körper beleben können. Sie möchte ihren Lesern etwas auf Papier mitgeben, das sie in der Hand halten können, während sie sich vom Dasein als Bildschirmzombie verabschieden. Hier könnt ihr ihren Blogartikel lesen:

https://atemsinn.ch/mikropausen/mikropausen-sachbuch/

Über die Macht des Erzählens

📚Antoinette Lühmann will über die Macht des Erzählens schreiben. Ihr künftiges Buch soll zeigen, wie märchenhafte Geschichten und effektive Kommunikation unser Leben bereichern können. Lest selbst, was sie geschrieben hat:

https://antoinetteluehmann.com/ein-sachbuch-schreiben/

 

Weniger Stress für Musiker und Musikerinnen

📚Die Flötistin und Expertin für Musikergesundheit, Ute-Gabriela Schneppat, arbeitet an einem praktischen Leitfaden zur Stressbewältigung speziell für Musikerinnen und Musiker, basierend auf ihre jahrelange Expertise und Coaching-Erfahrung. Hier ist ihr wunderbarer Text dazu:

https://www.schneppat-music.de/ist-das-stress-oder-kann…/

 

Raus aus dem Burnout

📚 Sylvia Herdan wollte immer Kinderbuchillustratorin werden. Jetzt würde sie gerne ihre Reise aus dem Burnout in einem Buch dokumentieren, um ihre Erfahrungen mit ihren Lesern zu teilen und diesen Weg auch anderen Menschen zu eröffnen. In ihrem Blogartikel könnt ihr mehr darüber lesen:

https://www.sylvia-herdan.de/da-waere-mein-juengeres-ich-stolz-auf-mich/

 

Webdesign entwirrt und vereinfacht

📚Kornelia Exner zeigt uns, wie zugänglich und inspirierend Webdesign sein kann. Sie glaubt fest daran, dass strategisches Webdesign nicht kompliziert und verwirrend sein muss, sondern einfach sein kann und darf. Ihr Manuskript liegt seit Jahren im Schreibtisch – und soll endlich das Licht der Welt erblicken. Sie schreibt: „Ich freue mich jeden Tag an es weiterzuentwickeln, es wird ein Arbeitsbuch, dass Menschen hilft, die sich selbstständig machen“. Hier findet ihr Kornelias ganzen Beitrag:

https://simplify-your-website.de/mein-erstes-buch-entsteht

 

Life Hacks & alternative Medizin

📚Umani Wendler teilt ihre jahrzehntelange Erfahrung in alternativer Medizin und Persönlichkeitsentwicklung. In ihrem Buch wird es praxisnahe Tipps und Anregungen („Life Hacks“) zu den Bereichen Gesundheit, Entspannung, Ernährung, Selbstliebe und Persönlichkeit geben. Lest selbst:

https://freiewortwahl.de/sicht-weisen-mein-naechstes-sachbuch-21-08-2024/

 

Hilfe für Eltern begabter Kinder

📚Dina Mazzotti möchte mit ihrem Buch einen fundierten Einblick in die Begabtenförderung und  gleichzeitig konkrete Hilfestellungen bieten, die leicht in den Alltag integriert werden können. Ihr Anspruch ist es, für die Eltern begabter Kinder einen Mittelweg zu finden zwischen wissenschaftlich fundierte Theorien und direkt anwendbare Methoden. Ein Schwerpunkt des Buches soll auf der Kreativitätsförderung liegen. Hier geht es zum ihrem Blogpost:

https://dina-mazzotti.com/mein-noch-ungeschriebenes-sachbuch-zur-begabtenfoerderung/

 

Wörterbuch Mathe-Deutsch

📚Angela Carstensen hat die Idee, ein Wörterbuch „Mathe-Deutsch“ zu schreiben. Abgesehen davon, dass Mathematik aktuell immer noch eine zentrale Stellung in den Schulabschlüssen hat, findet sie, dass  Mathematik ästhetischer und magischer ist, als viele von uns annehmen. Das Problem sei die Art, wie sie vermittelt werde. Sie schreibt:  „Aus gutem Mathematikunterricht können wir Logik und Problemlösungsstrategien mitnehmen, im besten Fall eine große Portion Selbstwirksamkeit“. Hier kommt der ganze Text:

https://angela-carstensen.de/woerterbuch-mathe-deutsch/

 

Reise ins Poliglottsein

📚 Lettie Lindtzer nimmt uns mit auf ihre Reise zum Poliglottsein. Ihr Buch hat auch schon einen Titel: „Die Reise zum Poliglottsein – Fremdsprachen mit Spaß, Entspannung, Leichtigkeit und Kreativität lernen“.  Sie möchte Tipps für den Aufbau eines guten und unterstützenden internationalen Freundeskreises geben und zeigen, was wir von den einzelnen Ländern und Kulturen lernen können und wie wir davon langfristig gemeinsam profitieren können:

https://lindtzeratur.blogspot.com/2024/08/welches-sachbuch-ich-schreiben-mochte.html

 

Die Gesundheit boostern

📚 Nina “in jubellaune” Bruns ist zertifizierte Stress-Mentorin, Coach für ayurvedische Lebenskunst und elementares Atmen, fröhliche Optimistin, Lachyogi und Expertin für den gesunden Umgang mit Veränderungsprozessen. Sie hat eine eigene Methode entwickelt: B.O.O.S:T (Die Buchstaben stehen für Balance, Oxigen, Optimism, Stretch und Transform). In ihrem Sachbuch möchte Nina diese Methode Menschen im Business zugänglich machen, wo die Gesundheit noch viel zu oft vernachlässigt wird. Sie schreibt: „Das kann nachhaltig nicht funktionieren, denn Erfolg ist ja kein Sprint, sondern ein Marathon und kann deshalb nicht auf Kosten der Gesundheit funktionieren“. Hier ist Ninas vollständiger Blogbeitrag:

https://jubellaune.de/mein-erstes-sachbuch/

Schön, dass ihr bei meiner Blogparade dabei wart ♥️

Und ich will alle diese Bücher lesen 🚀✨🫶🏻. Falls ihr eine Lektorin braucht, wisst ihr, wo ihr mich findet :))

https://evatextet.de/sachbuchlektorat/

Eva Heer

Eva Heer

Journalistin & freie Lektorin

Ich möchte dich in deinem Schreiben unterstützen: Beratend in deinem Schreibprozess oder als Lektorin für deinen Text.

Und falls du nicht gerne schreibst oder du Zeit und Nerven sparen möchtest: Kein Problem. Ich schreibe für dich!

Quo vadis, Franz Kafka?

Quo vadis, Franz Kafka?

Gastbeitrag von Stefan, größtem Kafka-Bewunderer, den ich kenne.

Was uns Kafka heute noch bedeuten sollte

Es ist Frühling 1991, ich bin in Prag und fahre mit der Straßenbahn in östlicher Richtung nach Strašnice, auf dem Neuen Jüdischen Friedhof. Der Friedhofsvorsteher überreicht mir eine Kippa. Es ist schwierig, auf einem Friedhof ein ganz bestimmtes Grab zu suchen, wenn man nicht weiß, wo man suchen soll, aber der Weg ist übertrieben beschildert, Kafka links, Kafka rechts, dann noch ein Stück – nach wenigen Minuten bin ich da. Es ist eine helle, kubistischer Stele vor der ich dann stehe, umzingelt von schwarzen Granitblöcken, schon deshalb kann man die letzte Ruhestätte gar nicht verfehlen. Krähen flattern umher, lärmend. Ich stehe am Grab von

— DR. FRANZ KAFKA 1881-1924 —

und in meinem Kopf wirbelt alles durcheinander: Eine alte Fotografie der Prager Niklasbücke, „Die Moldau“ von Smetana, die „Tschechische Suite“ von Antonín Dvořák, der Nachruf von Kafkas Freundin Milena Jesenská, „Er war scheu, ängstlich, sanft und gut, aber die Bücher, die er schrieb, waren grausam und schmerzhaft.“ Die Zeit steht still, surreal, ein eingefrorener Moment. Ich bekomme wieder Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke.

 

Die Maus, die Mauern, die Falle und die Katze

Es ist Ende Herbst 1981, die Sommerferien sind vorüber, ich bin in der 9. Klasse Gymnasium und stoße auf meinen ersten Kafka-Text. Ich habe in meiner gesamten Schullaufbahn nach den Ferien immer zuerst das neue Deutschbuch durchgeblättert – und lese die „Kleine Fabel“, die berühmte Parabel aus dem Jahr 1920 über die Maus, die sich wegen der Breite der Welt ängstigt, dann aber glücklich ist, dass in der Ferne links und rechts Mauern auftauchen, aber diese eilen so schnell aufeinander zu, dass sie schon im letzten Zimmer ist – und dort steht die Falle, in die sie läuft.
„Du mußt nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie.
Verstörend und zugleich das Klarste, was ich bis dahin gelesen hatte. Die dumme Maus. Die faule Katze, die nur abwartet. Alles aussichtslos. Schreckliche Welt. Wir haben diesen Text nie im Unterricht besprochen.

 

Der Beginn der Moderne

Es ist Sonntag, 22. September 1912, gegen 22 Uhr. Der lästige Familienbesuch ist endlich gegangen, nach und nach wird es ruhiger in der elterlichen Wohnung in der Prager Niklasstraße. In den nächsten acht Stunden schreibt Franz Kafka in einem Zug „Das Urteil“, eine heute merkwürdige Geschichte über den Kaufmannssohn Georg Bendemann, der heiraten will, aber vom Vater zum Tode durch Ertrinken verurteilt wird. In den frühen Morgenstunden kann Kafka kaum „die vom Sitzen steif gewordenen Beine unter dem Schreibtisch hervorziehen“. Es ist der Beginn der literarischen Moderne.

 

„Nur so kann geschrieben werden“

Kafka ist sich seiner Sache völlig sicher: „Nur so kann geschrieben werden, nur in einem solchen Zusammenhang, mit solcher vollständigen Öffnung des Leibes und der Seele.“ Und er weiß, dass er ein Schriftsteller ist und dass er Prag verlassen muss, er will nach Berlin, aber der Ausbruch des Ersten Weltkriegs macht 1914 alles zunichte.

 

Das Naturtheater von Oklahoma

Es ist Frühling, Anfang Mai 2024 und ich lese wieder „Der Verschollene“, Kafkas erste Romanbaustelle, von Max Brod 1927 unter dem Titel „Amerika“ publiziert. Es ist der freundlichste seiner drei Ruinen und ich bin jedes Mal ergriffen vom Naturtheater von Oklahoma – weil es so ein schöner Gedanke ist: Ein Theater, in dem jeder das werden kann, was er sein möchte. Ein Dompteur, ein Clown, ein Hungerkünstler, der Zirkusdirektor, ein Kulissenschieber – oder einfach nur: Zuschauer.

„Auf dem Rennplatz in Clayton wird heute von sechs Uhr früh bis Mitternacht Personal für das Theater in Oklahoma aufgenommen! Das große Theater von Oklahoma ruft euch! Es ruft nur heute, nur einmal! Wer jetzt die Gelegenheit versäumt, versäumt sie für immer! Wer an seine Zukunft denkt, gehört zu uns! Jeder ist willkommen! Wer Künstler werden will, melde sich! Wir sind das Theater, das jeden brauchen kann, jeden an seinem Ort! Wer sich für uns entschieden hat, den beglückwünschen wir gleich hier! Aber beeilt euch, damit ihr bis Mitternacht vorgelassen werdet! Um zwölf Uhr wird alles geschlossen und nicht mehr geöffnet! Verflucht sei, wer uns nicht glaubt! Auf nach Clayton!“

 

„Restlos und ungelesen zu verbrennen“

Am 3. Juni 1924 stirbt Franz Kafka in Kierling bei Klosterneuburg an Tuberkulose. Nicht einmal 41 Jahre ist er alt geworden. „Liebster Max, meine letzte Bitte: alles was sich in meinem Nachlass (also im Bücherkasten, Wäscheschrank, Schreibtisch zuhause und im Bureau, oder wohin sonst irgendetwas vertragen worden sein sollte und Dir auffällt) an Tagebüchern, Manuscripten, Briefen, fremden und eigenen, Gezeichnetem u.s.w. findet restlos und ungelesen zu verbrennen, ebenso alles Geschriebene oder Gezeichnete, das Du oder andere, die Du in meinem Namen darum bitten sollst, haben. Briefe, die man Dir nicht übergeben will, soll man wenigstens selbst zu verbrennen sich verpflichten.“
Sein Freund Max Brod ignoriert die Verfügung und rettet so einen der größten literarischen Schätze des 20. Jahrhunderts.

 

Die ungeheure Welt im Kopf

Es ist das Schreiben in der Nacht, im Schutz der Dunkelheit: „Warum wachst du? Einer muß wachen, heißt es. Einer muß da sein.“ Nachtschreiberei. Warum schreibst Du? Einer muss schreiben. Einer muss da sein. Franz, wohin gehst Du, was bleibt von Dir, hundert Jahre nach Deinem Tod? Die ungeheure Welt, die Du im Kopfe hattest. Die schonungslose Offenheit in Deinen Tagebüchern. Die mit Komik gespickte Romanruine „Der Process“ und die morgendliche Aktenverteilung an die hungrigen Beamten: „Er wollte keinen Trost, er wollte Akten.“ Und der gespenstische letzte Satz in „Das Schloß“: „Sie reichte K. die zitternde Hand und ließ ihn neben sich niedersetzen, mühselig sprach sie, man hatte Mühe, sie zu verstehen, aber was sie sagte“

Und: Die Sprache ernst nehmen.

Genau hinschauen, auf alles. Keine Angst haben, verrückt zu werden. Niemals die Fähigkeit verlieren, sich innerlich zu öffnen – die eigene Tiefe ist ein Brunnenschacht – die Gedanken sollen hervorsprudeln, alle Ventile geöffnet sein. Und all dieses handwerklich unter Kontrolle bringen. „Du bist die Aufgabe. Kein Schüler weit und breit.“ Ein Satz aus Zürau.

 

Biertrinken mit Kafka in Prag

Wenn ich Dr. Franz Kafka heute treffen könnte – ein phantastischer Gedanke! – ich würde ihn einladen, ins „U Medvidku“ („Bei Bärchen“) – einer alten, großen Prager Bierstube. Ich hoffe, ich kann seine ersten Fragen zu dieser ungewöhnlichen Situation – ein 100 Jahre toter Schriftsteller sitzt mit einem Unbekannten, einen ihn verehrenden Leser vor einem Humpen Bier – halbwegs beantworten. „Franz, Dein Freund Max hat nichts verbrannt.“

Kafka wäre irritiert – meine Duzerei würde ihm sofort auf die Nerven gehen, er kann es nicht leiden. Das wäre er immer noch, ein Zwangsneurotiker – empfindlich gegen alles: Lärm, Gewalt, Ungerechtigkeit, Unverschämtheiten. Ich würde ihm von den Comicfiguren Asterix & Obelix und ihrem Filmabenteuer mit dem „Passierschein A 38“ erzählen und dem sprichwörtlich wieherndem Amtsschimmel: „Stirbt ein Beamter während einer Dienstreise, so ist die Dienstreise beendet.“

Ich bin mir sicher, er würde laut lachen.

 

LESEN

  • Franz Kafka: Gesammelte Werke in 12 Bänden in der Fassung der Handschrift. (S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main)
  • Reiner Stach: Kafka. Die Jahre der Entscheidungen / Kafka. Die Jahre der Erkenntnis / Kafka. Die frühen Jahre. (S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main)
  • Andreas Kilcher (Hrsg.): Franz Kafka. Die Zeichnungen (C.H. Beck, München 2021)
  • Hartmut Binder: Kafkas Welt. Eine Lebenschronik in Bildern (Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008

SEHEN

  • Kafka (2024) Sechsteilige Fernsehserie von David Schalko (Regie) und Daniel Kehlmann (Drehbuch) mit Joel Basman (Franz Kafka), David Kross (Max Brod), Nicholas Ofczarek (Hermann Kafka), Liv Lisa Fries (Milena Jesenská)
    Trailer
  • Die Herrlichkeit des Lebens (2024) Spielfilm von Georg Maas und Judith Kaufmann (Regie undDrehbuch) mit Henriette Confurius (Dora Diamant) und Sabin Tambrea (Franz Kafka)
    Trailer
  • Der Prozeß (1962) Literaturverfilmung von Orson Welles (Regie und Drehbuch) mit Anthony Perkins (Josef K.), Orson Welles (Rechtsanwalt Hastler), Jeanne Moreau (Marika Bürstner)
    Trailer

 

Eine Liebeserklärung an das Lesen: Die 1. Stuttgarter Buchmesse 2024

Eine Liebeserklärung an das Lesen: Die 1. Stuttgarter Buchmesse 2024

Buchmesse in Stuttgart. Buchmesse? In Stuttgart? Fast. Die 1. Stuttgarter Buchmesse fand am 9. März BEI Stuttgart statt, in Fellbach, und große Erwartungen hatte ich nicht. Wer bitte schön verirrt sich nach Fellbach, um ein paar Bücher anzuschauen?

Vor der Schwabenlandhalle ein Menschenauflauf, kurze Irritation, aber diese Menschen sind nicht wegen Büchern hier. Sie demonstrieren für Vielfalt und Frieden (was auch schön ist).

 

Regionale Autoren und Selfpublisher im Fokus

Zur Messe geht‘s um die Halle herum, zum Hintereingang. Aha, denke ich ernüchtert. Doch auch hier stehen Menschen, viele Menschen und die sind jetzt wirklich wegen der Bücher hier. Die Menge schlängelt sich über den Platz und wird in 20er-Blöcken eingelassen, viele junge Frauen unter ihnen.

 

 

 

Nach 30 Minuten bin ich drin (kann mich nicht erinnern,  jemals irgendwo 30 Minuten wegen Büchern angestanden zu haben), stehe in einer proppenvollen Halle vor liebevoll dekorierten Büchertischen, oft in zweiter Reihe wegen des großen Andrangs.

 

Auf der 1. Stuttgarter Buchmesse in Fellbach. Blick in den Ausstellungsraum.

Lässt sich die Liebe zum Lesen spüren? Mein subjektives Empfinden: Ja! In Fellbach!

 

New Romance, Fantasy und Krimis: Die neuen Lieblingsgenres 

Hier stellen Autoren aus kleineren und regionalen Verlagen und Selfpublisher aus, unterhalten sich ausgiebig mit den Messebesuchern, viele der Autoren und Autorinnen haben eine junge Fanbase, begeisterte Leser und Leserinnen, die extra zur Messe angereist sind.

Die neuen Genres heißen: Romance, Romantasy, Dark Romance, Young Adult oder New Adult. Oft schreiben die Autoren und Autorinnen ganze Reihen, viele Bücher haben auffallend gestaltete Cover.

Weitere Schwerpunkte an den Messetischen: Krimis, Fantasy, historische Romane und Kinderbücher.

 

Die Bücher finden am Samstag zügig Abnehmer, an vielen Tischen zeigt ein „Ausverkauft“-Schild an, dass die mitgebrachten Exemplare vergriffen sind.

 

Eine Liebesgeschichte in New York: Ich könnte ewig zuhören

Dann eben vorlesen lassen!

Über 20 Lesungen sind anberaumt, ich erwische die der Stuttgarter Autorin Lucinde Hutzenlaub, die ihren historischen Roman „In Liebe, Deine Paula“ vorstellt.

Es geht um Paula, die in Gablenberg aufgewachsene Großmutter der Autorin. Paula wandert in den 1930er Jahren nach New York aus und wird Dienstmädchen bei den Rockefellers. Ich könnte ewig zuhören! Es stört nicht mal das ohrenbetäubende „Imagine“ der Demonstranten auf dem Platz vor der Halle, das in den Mörikesaal dröhnt.

 

Glücklich mit Leselicht

Irgendetwas möchte ich aber kaufen, auch wenn es kaum noch Bücher gibt. Ich stoppe vor  einem schwarzen Kasten in Augenhöhe, den man mit Vorhängen verdunkeln kann.

Eine kleine Lampe, an der Brille befestigt, bringt so viel Helligkeit dort hinein, dass ich die an der Kastenwänden aufgeklebten Texte lesen kann. Juhu, ein Leselicht! Gekauft.

 

Später Nachmittag. Unbeirrt schieben sich Mensch durch die Tischreihen. Es wird diskutiert, in Büchern geblättert, fotografiert, gelacht.

Eine unerwartete Liebeserklärung an das Lesen. Eine New Romance. In Fellbach.

 

Der Termin für die zweite „Stuttgarter“ Buchmesse steht schon fest: 22. Februar 2025.

Infos zu den Veranstaltern Stefan Zeh und Ann-Katrin Zellner gibt es hier:  https://stuttgarter-buchmesse.de/veranstalter/

Und hier die offizielle Seite.

Buch-Tipp: Wie Künstliche Intelligenz unsere Welt verändert

Buch-Tipp: Wie Künstliche Intelligenz unsere Welt verändert

Miriam Meckel und Léa Steinacker tauchen in ihrem Buch „Alles überall auf einmal“ tief ins Thema KI ein. Verständlich und unterhaltsam erklären sie, warum ein Verständnis der generativen Sprachmodelle für jede und jeden von uns wichtig ist. Und machen klar: Welches Szenario auf uns wartet, liegt in unserer eigenen Verantwortung. 

 

Eine Chinesin hat Schwierigkeiten mit ihrer Steuererklärung. Dieser lapidare Satz kündigt auf einem Langstreckenflug der Autorinnen den Film „Everything Everywhere All at Once“ an. Das Werk aus dem Jahr 2022, mit sieben Oscars ausgezeichnet, ist titelgebend für Miriam Meckels und Léa Steinackers Mitte Februar erschienenes Buch „Alles überall auf einmal“. Es bietet einen spannenden Einblick in aktuelle Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz.

 

Denn anders als der langweilige Teaser im Flieger vermuten lässt, erzählt der Film in einem Affentempo und hart geschnitten eine wahnwitzige Geschichte aus dem Multiversum, einer Welt mit unendlich vielen alternativen Realitäten und Möglichkeiten.

 

Komplex und überfordernd

Der Film sei eine Metapher für die Zeit, in der wir uns bewegen, konstatieren die Autorinnen. Ein Bild für unsere Überforderung und die Komplexität der aktuellen Veränderungen. Mit KI sind wir zwar schon lange konfrontiert – in den sozialen Medien, auf Netflix, bei Amazon oder in der Medizin – ohne, dass wir bisher darüber groß nachgedacht haben.

 

Der iPhone-Moment der Künstlichen Intelligenz

Der „iPhone-Moment“ kam aber erst mit der Veröffentlichung von ChatGPT Ende November 2022. Seither sollte jedem oder jeder, der oder die den Chatbot von Open AI oder eines der anderen KI-Tools ausprobiert, dämmern, welches Potenzial die Technologie entfalten kann – und wird.

Und was das für uns, unsere Art zu schreiben, zu denken, zu forschen, zu lernen und ganz allgemein für unsere Arbeit und unser Leben in naher Zukunft bedeuten wird.

 

Zwischen Faszination und Unsicherheit

Deep Fakes, Halluzinationen, antrainierte Vorurteile, Realitätsverzerrung, Datenschutzprobleme: Es gibt viele Gründe, der neuen Technologie zu misstrauen.

Angst entsteht oft durch Unsicherheit vor etwas Neuem, durch Halbwissen, durch „Sich-gar-nicht-erst-Rantrauen“. Hier setzen Miriam Meckel und Léa Steinacker an: Mit einem Blick in die Geschichte der KI (die mit der Vision einer klugen Frau begann), mit Szenarien, die sowohl Chancen als auch Gefahren der generativen Sprachmodelle aufzeigen. Und einer durchaus kritischen Sicht auf aktuelle Entwicklungen.

 

Ein Problem: Textinzest

Ein Problem von vielen: Textinzest.  Für die großen Sprachmodelle, mit Milliarden Worten trainiert, seien die digital verfügbaren Originaltexte nahezu ausgelesen, erläutern die Autorinnen: Anschließend trainiere generative KI vor allem mit Texten, die sie selbst erschaffen hat.

Ein „Selbstverstärkungsmechanismus, in dem der Remix wächst und die Originalität schrumpft“.

Die Folge: Die Modelle werden immer schlechter darin, gute Inhalte auszuwerfen, machen Fehler – und kollabieren irgendwann.

 

Chancen und Risiken generativer Sprachmodelle

Die Autorinnen tauchen tief ins Thema ein, betrachten es aus wirtschaftlicher, soziologischer, philosophischer, praktischer und biologischer Perspektive – und öffnen uns damit verständlich, klug und unterhaltsam einen Raum, der uns die komplexen Zusammenhänge nachvollziehen lässt. Und das sei für jede und jeden für uns entscheidend, sagen sie: „Nichtwissen ist (…) die sichere Voraussetzung dafür, von der modernen Dampfmaschine namens KI überrollt zu werden“.

 

 

Die Zukunft der Arbeit in Zeiten der KI

Alle Prognosen sagen vorher, dass die generativen Sprachmodelle vor allem die hochbezahlten Jobs von gut ausgebildeten Wissensarbeitern gefährden werden.

Eine Kränkung, die alles, was uns in der Arbeitswelt als sicher galt, in Frage stellt und entwertet.

Darauf muss es Antworten geben, Rahmenbedingungen von der Politik. Aber auch Perspektiven für jeden Einzelnen.

 

Lesen und schreiben in der digitalen Welt

Was bedeutet es etwa, wenn nachfolgende Generationen das Lesen und Schreiben nach und nach verlernen, weil sie es nicht mehr anwenden müssen? „Wer Schrift erlernt, im Lesen wie im Schreiben, übt sich darin, unsere komplexe Welt zu verstehen“, heißt es im Buch.

Schreiben eröffne, übe und diszipliniere das Denken. Im Umkehrschluss: „Je mehr KI die Welt beschreibt, desto weniger werden wir in der Lage sein, ihre Komplexität (durch Sprache) zu erfassen“.

Die Welt verschwimmt.

 

KI entzaubert

An vielen Stellen im Buch entzaubern Meckel und Steinacker die neue Technologie, zeigen ihre Grenzen. Ja, wir können jetzt mit Maschinen sprechen. Aber schon der Begriff „Intelligenz“ sei unscharf und führe zu Missverständnissen.

Intelligenz, wie wir sie verstehen, setze ein Bewusstsein voraus. Eine Biologie, Hormone, Gefühle wie Neugier oder Interesse, Erfahrungen. Liebe.

 

Gefahr oder Chance: Es liegt an uns

Das Buch entlässt uns mit zwei erdachten Szenarien: Einer Dystopie und einem optimistischen Ausblick.

Und mit einem fiktiven Gespräch zwischen den Welten und Epochen: Evelyn (fiktive Waschsalonbesitzerin aus „Everything Everywhere All at Once“), und die (realen) Vordenker der Künstlichen Intelligenz, Ada Lovelace und Alan Turing, diskutieren die Grenzen von und zwischen Menschen und Maschinen.

Wie die Geschichte ausgeht,  liegt an uns.

 

 

Die Autorinnen

Miriam Meckel ist Professorin für Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen, als Gastprofessorin lehrte sie an der Universität Harvard, in Singapur, New York und in Wien.

Léa Steinacker ist Sozialwissenschaftlerin und Unternehmerin, studierte in Princeton und Harvard und promovierte an der Universität St. Gallen über die sozialen Auswirkungen von künstlicher Intelligenz.

Quelle: Rowohlt Verlag

 

 

 

 

Cover des Buches: Alles überall auf einmal von Miriam Meckel und Léa Steinacker

Miriam Meckel, Léa Steinacker: Alles überall auf einmal. Wie Künstliche Intelligenz unsere Welt verändert und was wir dabei gewinnen können. Rowohlt, 2024, 400 Seiten, 26 Euro.

Hier gibt es eine Leseprobe

Memoir & Co: Autobiografisches Schreiben entdecken

Memoir & Co: Autobiografisches Schreiben entdecken

Kennst du den Begriff „Memoir“? In dieser Form des autobiografischen Schreibens nimmst du besondere Momente deines Lebens unter die Lupe, zoomst quasi in bestimmte Kapitel hinein. Statt wie in einer Autobiografie einen ganzen Lebensweg nachzuzeichnen, konzentrierst du dich im Memoir auf besondere Ereignisse, Phasen oder Themen, die dir am Herzen liegen.

 

Schreib deine eigene Geschichte

Meist geht es in einem Memoir um einen Umbruch, einen Neuanfang, eine schwierige Phase im Leben. Genau das macht das Genre für Schreibende so interessant: In ihm brodeln Drama und Emotion, sein Inhalt ist dynamisch und handlungsgetrieben und plätschert nicht leise vor sich hin wie (meist) in einer Autobiografie.

Jeder von uns hat diesen einen Sommer, der alles verändert hat. Oder diese eine, alles verändernde Reise. Eine prägende Erfahrung in der Kindheit. Das Klassentreffen nach 30 Jahren. Ein Abschied. Die Geschichte eines Bruchs und eines Neuanfangs.

Eine besondere Geschichte, die es wert ist

Im persönlichen Schreiben können wir diese Geschichten erzählen. Es muss nicht gleich ein ganzes Leben sein. Fang einfach mit einer besonderen Geschichte an. Einer Erfahrung, die es wert ist, erzählt, aufbewahrt und (vielleicht) von anderen gelesen zu werden.

Persönliches Schreiben ist eine gute Übung. Und im überschaubaren Setting einer einzelnen Erfahrung verliert man sich nicht so leicht und kann sich tief auf Details, Stil, Stimmung und Handlung einlassen und sie intensiv beschreiben. Man übt sich im Schreiben, ohne gleich mit einem großen Projekt und Erwartungen belastet zu sein.

Raum für innere Reflexion

Persönliches Schreiben schenkt uns einen Raum für innere Reflexion. Und indem wir unsere eigene Geschichte erzählen, verstehen wir uns selbst besser. Vielleicht kann unsere Geschichte anderen Menschen helfen oder sie inspirieren. Du kannst das Geschriebene aber auch einfach für dich behalten. Manchmal ist das Aufschreiben persönlicher Erlebnisse emotional belastend. Hör in dich hinein, ob du vielleicht Unterstützung brauchst.

Eine Frau mit rotem Nagellack hält eine Tasse und ein aufgeschlagenes Buch in der Hand. Man sieht nur einen Ausschnitt vom Hals bis zur Hand.

 

Fünf Gründe, ein Memoir zu schreiben

Es gibt viele Gründe, warum uns das Schreiben über unser eigenes Leben emotional guttut. Hier sind fünf davon:

• Wir schaffen Ordnung in unserer Lebensgeschichte. Wenn wir über unsere Vergangenheit schreiben, sortieren wir unsere Erinnerungen und Erlebnisse zu einer sinnvollen Abfolge. Wir suchen nach Zusammenhängen, Ursachen und Wirkungen, Höhe- und Wendepunkten. Wir geben unserem Leben einen roten Faden.

• Wir formen unser Leben aktiv. Wenn wir autobiografisch schreiben, entscheiden wir selbst, was wir erzählen wollen und wie wir es erzählen wollen. Wir wählen aus, was uns wichtig ist, was wir betonen oder weglassen, wie wir uns selbst und andere darstellen. Wir gestalten unsere Geschichte nach unseren eigenen Vorstellungen und Werten.

• Wir verstehen uns selbst besser. Wenn wir über unser Leben schreiben, reflektieren wir über unsere Erfahrungen, Gefühle, Gedanken und Motive. Wir treten in einen Dialog mit uns selbst, zwischen dem erlebenden und dem schreibenden Ich. Wir erkennen, wie wir geworden sind, wer wir sind, und was uns ausmacht.

 

There is no greater agony than
bearing an untold story inside you.

 

 

Maya Angelou, amerikanische Autorin und Bürgerrechtlerin

 

 

•Wir werden achtsamer. Wenn wir unser Leben schriftlich festhalten, schärfen wir unseren Blick für die Details, die unser Leben ausmachen. Wir nehmen uns Zeit, um in die Vergangenheit einzutauchen, und schreiben mit allen Sinnen. Wir lernen, unser Leben zu schätzen, auch die schwierigen oder schmerzhaften Momente

• Wir bewahren unsere Geschichte. Wir teilen unsere Erfahrungen, Erkenntnisse, Werte und Botschaften mit anderen. Wir werden Teil einer größeren Geschichte, die über uns hinausgeht.

Das sind nur einige der vielen Vorteile, die das persönliche oder autobiografische Schreiben für unsere emotionale Gesundheit hat.

 

Vielleicht hast du dir schon überlegt,  wie du ein erstes autobiografisches Kapitel angehen kannst. Oder du nutzt das persönliche Schreiben, um Erzähltechniken und Schreibstile auszuprobieren. Hier kommen ein paar Tipps, um anzufangen.

Den Fokus finden

Das Geheimnis liegt darin, das Richtige zu erzählen. Wähle als Thema etwas, das dich verändert, deinem Leben eine andere, neue Richtung gegeben hat. Eine Reise, eine Herausforderung oder einen Wendepunkt. Denke an Momente, und Entscheidungen, die dich geprägt haben.

Emotionale Tiefe erzeugen

Manchmal sind es auch kleinen Geschichten, die tief berühren. Eine Kindheitserinnerung, eine Freundschaft, ein Abschied. Was bewegt dich, wenn du daran denkst? Das ist oft ein guter Anhaltspunkt.

Warum sollte jemand deine Geschichte lesen? Weil sie authentisch ist, weil sie Resonanz erzeugt. Denke darüber nach, wie deine persönlichen Erlebnisse große Themen berühren – Liebe, Verlust, Wachstum, Überwindung.

Frau schreibt mit Füller und hat ein geöffnetes Buch neben sich.

Struktur und Planung

Jede Geschichte braucht eine Struktur. Wo beginnt deine Reise? Was sind die Schlüsselmomente? Und wie endet sie? Mach dir Notizen zu diesen Schlüsselpunkten.

Dein erster Entwurf ist nur ein Anfang. Ändere ihn, wenn deine Geschichte es erfordert.

Zeitstruktur

Chronologisch: Die einfachste Form ist, deine Geschichte in der Reihenfolge zu erzählen, wie sie passiert ist. Das gibt dem Leser einen klaren zeitlichen Rahmen.

Thematisch: Manchmal ist es sinnvoller, Geschichten nach Themen zu gruppieren. So kannst du tief in bestimmte Aspekte deines Lebens eintauchen, ohne dich an die Chronologie zu binden.

Klein anfangen

Episoden sammeln: Schreibe kleine Geschichten oder Anekdoten auf, die dein Thema beleuchten. Diese Episoden sind wie Puzzleteile, die zusammen dein Memoir bilden.

Verbindungen schaffen: Sieh, wie diese Episoden miteinander interagieren. Manchmal entdeckt man überraschende Verbindungen, wenn man die Teile nebeneinanderlegt.

Authentizität und Emotionen

Ein Memoir lebt von seiner Echtheit und emotionalen Tiefe. Deine Leser wollen deine „richtige“ Stimme hören. Schreib so, wie du sprichst und denkst. So wird deine Geschichte glaubwürdig und greifbar.

Emotionen sind wichtig und geben dem Geschriebenen Tiefe. Zu viel Drama kann aber kitschig und peinlich wirken. Hier geht es ums Ausbalancieren. Finde deine Schreibstimme. Probiere so lange herum, bis es sich für dich richtig anfühlt.

Vermeide komplizierte Satzstrukturen oder Fremdwörter. Deine Geschichte soll so zugänglich wie möglich werden. Nutze vielleicht Bilder und Vergleiche, um deine Erinnerungen und Gefühle zum Leben zu erwecken.

Überarbeitung und Feedback

Ein gutes Memoir entsteht nicht beim ersten Entwurf. Überarbeitung und Feedback sind essentielle Schritte im Schreibprozess.

Lass deinen Text nach dem ersten Entwurf ruhen. Mit etwas Abstand kannst du ihn später objektiver überarbeiten.

Feinschliff: Achte auf Flüssigkeit, Klarheit und Konsistenz. Streiche alles, was nicht zum Kern deiner Geschichte beiträgt.

Hol dir Feedback: Lasse Vertraute deinen Entwurf lesen. Konstruktives Feedback kann deine Geschichte verbessern. Sei offen dafür, auch wenn es manchmal schwerfällt.

Und: Respektiere die Persönlichkeitsrechte Dritter. Also von den realen Menschen, über die du in deiner Geschichte schreibst. Hier gibt es persönliche und juristische Grenzen, die du niemals überschreiten solltest. Mach dir darüber Gedanken, sprich mit den Personen und informiere dich darüber, was erlaubt ist.

 

Glossar: Formen persönlichen Schreibens

Autobiografie

Eine ausführliche Darstellung des Lebens einer Person, geschrieben von ihr selbst. Autobiografien sind oft chronologisch und decken meist das gesamte Leben des Autors ab. Sie betonen historische und soziale Kontexte und wie diese das Leben des Autors geprägt haben. Neuere Beispiele von bekannten Autobiografien sind etwa „Panikherz“ von Benjamin von Stuckrad-Barre, „Becoming“ von Michelle Obama oder „Das Schloss aus Glas“ von Jeannette Walls.

 

Memoir

Dieses Genre konzentriert sich auf spezifische Aspekte oder Zeiträume im Leben des Autors, statt auf sein gesamtes Leben. Memoirs sind themen- oder ereigniszentriert und enthalten oft reflexive Gedanken und emotionale Einblicke. Sie legen den Schwerpunkt auf persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse. Aktuell hat zum Beispiel Daniel Schreiber mit „Zeit der Verluste“ ein Memoir geschrieben, in dem er den Tod seines Vaters und seinen Umgang mit der Trauer thematisiert.

 

Persönliches Essay

Ein kurzes Werk, das subjektive Gedanken, Gefühle und Reflexionen über ein bestimmtes Thema vermittelt. Persönliche Essays nutzen oft stilistische Freiheiten und sind weniger formgebunden als andere autobiografische Formen. Ein Beispiel ist Joan Didions Essay „The Year of Magical Thinking“.

 

Tagebuch

Im Gegensatz zu anderen Formen des autobiografischen Schreibens ist ein Tagebuch oft nicht für die Veröffentlichung gedacht, sondern dient dem persönlichen Gebrauch. Die bekannteste  Tagebuchveröffentlichung ist sicher „Das Tagebuch der Anne Frank„. Auch die Tagebücher von Victor Klemperer, Virginia Woolf, Sylvia Plath oder Franz Kafka zeichnen im persönlichen Schreiben ein Bild ihrer Zeit.

 

Erinnerungen

In Erinnerungen werden vergangene Erfahrungen aus der Perspektive des Jetzt erzählt. Oft wird nicht nur beschrieben, was passiert ist, sondern auch, wie diese Ereignisse vom Autor im Nachhinein reflektiert und interpretiert werden. Das Buch „Nichts, was man fürchten müsste“ von Julian Barnes ist ein gutes Beispiel für die Memoirenliteratur, in der er über den Tod und das Altern philosophiert.

 

Reiseliteratur

Ein Genre, das persönliche Erlebnisse und Beobachtungen während der Reisen des Autors beschreibt. Diese Art von Schreiben kann Elemente von Memoiren, Tagebüchern und Essays beinhalten, mit einem starken Fokus auf Orte, Kulturen und persönliche Entdeckungen. „Songlines“ von Bruce Chatwin über seine Reise durch Australien liebe ich sehr. Weitere Beispiele sind: „Eat, Pray, Love“ von Elizabeth Gilbert oder „Wild: From Lost to Found on the Pacific Crest Trail“ von Cheryl Strayed.

Sieben Bücher, die Lebensgeschichten und Autobiografien beinhalten auf einem Tisch.

Lebensgeschichte

Das Genre „Lebensgeschichte“ beschäftigt sich mit der Darstellung eines Lebens oder wesentlicher Teile davon. Es unterscheidet sich von der Autobiografie dadurch, dass der Text nicht unbedingt von der Hauptperson selbst verfasst sein müssen. Oft werden diese Geschichten von anderen Personen geschrieben, basierend auf Erzählungen, Interviews oder Forschungen. Hier sind einige Beispiele: „Steve Jobs“ von Walter Isaacson: Die Biografie des Apple-Mitbegründers basiert auf Interviews mit Jobs sowie mit Familie, Freunden, Kollegen und Konkurrenten. „Schindlers Liste“ von Thomas Keneally. Oder auch: „Die Asche meiner Mutter“ von Frank McCourt.

 

Epistolare Autobiografie

Eine seltener anzutreffende Form, in der die Lebensgeschichte des Autors durch Briefe erzählt wird. Diese können sowohl tatsächlich versandte Briefe sein als auch fiktive, die speziell für das Werk verfasst wurden. Beispiele sund „Briefe an Milena“ von  Franz Kafka oder „Briefe aus dem Gefängnis“ von Nelson Mandela. 

 

Kreatives Sachbuch

Das Genre „Kreatives Sachbuch“ (auch „Literarisches Sachbuch“ oder „Creative Nonfiction“ genannt) umfasst Bücher, die auf Fakten und realen Begebenheiten basieren, aber in einem erzählerischen, oft literarischen Stil präsentiert werden. Diese Art des Schreibens verbindet die Recherche und die sachliche Genauigkeit des Sachbuchs mit den stilistischen und erzählerischen Techniken der Belletristik. Beispiele sind: „H wie Habicht“ von Helen Macdonald, „Die Mittagsfrau“ von Julia Franck oder „Heimat“ von Nora Krug. Dieses grafische Memoir ist eine persönliche Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte und der eigenen Familiengeschichte. Krug kombiniert persönliche Erzählungen mit Fotografien, Archivmaterial und Illustrationen.

 

Biografische Skizze

Eine kurze Darstellung eines Aspekts des Lebens einer Person, oft geschrieben von einem anderen. Diese Skizzen sind meist anekdotisch und zielen darauf ab, ein lebendiges Bild einer (oft berühmten) Person zu vermitteln. 

 

Literarischer Journalismus

Auch bekannt als „New Journalism“, verwendet diese Form des Schreibens seit den 1970er Jahren literarische Techniken, um nichtfiktive Geschichten zu erzählen. Sie wird oft für Artikel und Reportagen verwendet, die sich auf persönliche Erlebnisse des Autors stützen. Zwei bekannte Autoren des Genres sind Stefanie Sargnagel und Moritz von Uslar.

 

Digitales Storytelling

Eine moderne Form des autobiografischen Schreibens, die multimediale Elemente wie Text, Bilder, Audio und Video einbindet. Digitales Storytelling wird häufig in Blogs, Podcasts und auf sozialen Medien praktiziert und für Marketing eingesetzt.

 

Schreibimpulse

Dein erster Schultag: Beschreibe deine Gefühle, Erwartungen und die Atmosphäre dieses Tages. Was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Lieblingsessen aus der Kindheit: Erzähle von einem Gericht, das dich an deine Kindheit erinnert. Wer hat es zubereitet? Gibt es eine besondere Geschichte oder Tradition, die damit verbunden ist?

Ein prägender Sommer: Denke an einen Sommer zurück, der für dich besonders wichtig war. Was hat diesen Sommer so besonders gemacht? Welche Menschen, Ereignisse oder Erlebnisse sind dir in Erinnerung geblieben?

Eine unvergessliche Reise: Erzähle von einer Reise, die einen tiefen Eindruck bei dir hinterlassen hat. Was hast du erlebt, gesehen und gefühlt? Wie hat diese Reise deine Sichtweise oder dein Leben verändert?

Ein Gespräch mit deinem jüngeren Ich: Stelle dir vor, du könntest mit deinem zehnjährigen Ich sprechen. Was würdest du ihm/ihr erzählen? Was würdest du gerne von deinem jüngeren Ich hören?

Eine alternative Realität: Überlege dir, wie dein Leben verlaufen wäre, wenn du an einem entscheidenden Punkt eine andere Entscheidung getroffen hättest. Beschreibe einen Tag in diesem alternativen Leben.

Das unerwartete Geschenk: Erzähle von einem Geschenk, das du einmal erhalten hast, das zunächst unbedeutend oder seltsam erschien, aber eine tiefe Bedeutung oder einen großen Einfluss auf dein Leben hatte.

 

An welches autobiografische Buch denkst du gern zurück? Schreibst du selbst persönliche Geschichten? Kommentiere gerne unter diesem Beitrag.

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