Memoir & Co: Autobiografisches Schreiben entdecken

Memoir & Co: Autobiografisches Schreiben entdecken

Kennst du den Begriff „Memoir“? In dieser Form des autobiografischen Schreibens nimmst du besondere Momente deines Lebens unter die Lupe, zoomst quasi in bestimmte Kapitel hinein. Statt wie in einer Autobiografie einen ganzen Lebensweg nachzuzeichnen, konzentrierst du dich im Memoir auf besondere Ereignisse, Phasen oder Themen, die dir am Herzen liegen.

 

Schreib deine eigene Geschichte

Meist geht es in einem Memoir um einen Umbruch, einen Neuanfang, eine schwierige Phase im Leben. Genau das macht das Genre für Schreibende so interessant: In ihm brodeln Drama und Emotion, sein Inhalt ist dynamisch und handlungsgetrieben und plätschert nicht leise vor sich hin wie (meist) in einer Autobiografie.

Jeder von uns hat diesen einen Sommer, der alles verändert hat. Oder diese eine, alles verändernde Reise. Eine prägende Erfahrung in der Kindheit. Das Klassentreffen nach 30 Jahren. Ein Abschied. Die Geschichte eines Bruchs und eines Neuanfangs.

Eine besondere Geschichte, die es wert ist

Im persönlichen Schreiben können wir diese Geschichten erzählen. Es muss nicht gleich ein ganzes Leben sein. Fang einfach mit einer besonderen Geschichte an. Einer Erfahrung, die es wert ist, erzählt, aufbewahrt und (vielleicht) von anderen gelesen zu werden.

Persönliches Schreiben ist eine gute Übung. Und im überschaubaren Setting einer einzelnen Erfahrung verliert man sich nicht so leicht und kann sich tief auf Details, Stil, Stimmung und Handlung einlassen und sie intensiv beschreiben. Man übt sich im Schreiben, ohne gleich mit einem großen Projekt und Erwartungen belastet zu sein.

Raum für innere Reflexion

Persönliches Schreiben schenkt uns einen Raum für innere Reflexion. Und indem wir unsere eigene Geschichte erzählen, verstehen wir uns selbst besser. Vielleicht kann unsere Geschichte anderen Menschen helfen oder sie inspirieren. Du kannst das Geschriebene aber auch einfach für dich behalten. Manchmal ist das Aufschreiben persönlicher Erlebnisse emotional belastend. Hör in dich hinein, ob du vielleicht Unterstützung brauchst.

Eine Frau mit rotem Nagellack hält eine Tasse und ein aufgeschlagenes Buch in der Hand. Man sieht nur einen Ausschnitt vom Hals bis zur Hand.

 

Fünf Gründe, ein Memoir zu schreiben

Es gibt viele Gründe, warum uns das Schreiben über unser eigenes Leben emotional guttut. Hier sind fünf davon:

• Wir schaffen Ordnung in unserer Lebensgeschichte. Wenn wir über unsere Vergangenheit schreiben, sortieren wir unsere Erinnerungen und Erlebnisse zu einer sinnvollen Abfolge. Wir suchen nach Zusammenhängen, Ursachen und Wirkungen, Höhe- und Wendepunkten. Wir geben unserem Leben einen roten Faden.

• Wir formen unser Leben aktiv. Wenn wir autobiografisch schreiben, entscheiden wir selbst, was wir erzählen wollen und wie wir es erzählen wollen. Wir wählen aus, was uns wichtig ist, was wir betonen oder weglassen, wie wir uns selbst und andere darstellen. Wir gestalten unsere Geschichte nach unseren eigenen Vorstellungen und Werten.

• Wir verstehen uns selbst besser. Wenn wir über unser Leben schreiben, reflektieren wir über unsere Erfahrungen, Gefühle, Gedanken und Motive. Wir treten in einen Dialog mit uns selbst, zwischen dem erlebenden und dem schreibenden Ich. Wir erkennen, wie wir geworden sind, wer wir sind, und was uns ausmacht.

 

There is no greater agony than
bearing an untold story inside you.

 

 

Maya Angelou, amerikanische Autorin und Bürgerrechtlerin

 

 

•Wir werden achtsamer. Wenn wir unser Leben schriftlich festhalten, schärfen wir unseren Blick für die Details, die unser Leben ausmachen. Wir nehmen uns Zeit, um in die Vergangenheit einzutauchen, und schreiben mit allen Sinnen. Wir lernen, unser Leben zu schätzen, auch die schwierigen oder schmerzhaften Momente

• Wir bewahren unsere Geschichte. Wir teilen unsere Erfahrungen, Erkenntnisse, Werte und Botschaften mit anderen. Wir werden Teil einer größeren Geschichte, die über uns hinausgeht.

Das sind nur einige der vielen Vorteile, die das persönliche oder autobiografische Schreiben für unsere emotionale Gesundheit hat.

 

Vielleicht hast du dir schon überlegt,  wie du ein erstes autobiografisches Kapitel angehen kannst. Oder du nutzt das persönliche Schreiben, um Erzähltechniken und Schreibstile auszuprobieren. Hier kommen ein paar Tipps, um anzufangen.

Den Fokus finden

Das Geheimnis liegt darin, das Richtige zu erzählen. Wähle als Thema etwas, das dich verändert, deinem Leben eine andere, neue Richtung gegeben hat. Eine Reise, eine Herausforderung oder einen Wendepunkt. Denke an Momente, und Entscheidungen, die dich geprägt haben.

Emotionale Tiefe erzeugen

Manchmal sind es auch kleinen Geschichten, die tief berühren. Eine Kindheitserinnerung, eine Freundschaft, ein Abschied. Was bewegt dich, wenn du daran denkst? Das ist oft ein guter Anhaltspunkt.

Warum sollte jemand deine Geschichte lesen? Weil sie authentisch ist, weil sie Resonanz erzeugt. Denke darüber nach, wie deine persönlichen Erlebnisse große Themen berühren – Liebe, Verlust, Wachstum, Überwindung.

Frau schreibt mit Füller und hat ein geöffnetes Buch neben sich.

Struktur und Planung

Jede Geschichte braucht eine Struktur. Wo beginnt deine Reise? Was sind die Schlüsselmomente? Und wie endet sie? Mach dir Notizen zu diesen Schlüsselpunkten.

Dein erster Entwurf ist nur ein Anfang. Ändere ihn, wenn deine Geschichte es erfordert.

Zeitstruktur

Chronologisch: Die einfachste Form ist, deine Geschichte in der Reihenfolge zu erzählen, wie sie passiert ist. Das gibt dem Leser einen klaren zeitlichen Rahmen.

Thematisch: Manchmal ist es sinnvoller, Geschichten nach Themen zu gruppieren. So kannst du tief in bestimmte Aspekte deines Lebens eintauchen, ohne dich an die Chronologie zu binden.

Klein anfangen

Episoden sammeln: Schreibe kleine Geschichten oder Anekdoten auf, die dein Thema beleuchten. Diese Episoden sind wie Puzzleteile, die zusammen dein Memoir bilden.

Verbindungen schaffen: Sieh, wie diese Episoden miteinander interagieren. Manchmal entdeckt man überraschende Verbindungen, wenn man die Teile nebeneinanderlegt.

Authentizität und Emotionen

Ein Memoir lebt von seiner Echtheit und emotionalen Tiefe. Deine Leser wollen deine „richtige“ Stimme hören. Schreib so, wie du sprichst und denkst. So wird deine Geschichte glaubwürdig und greifbar.

Emotionen sind wichtig und geben dem Geschriebenen Tiefe. Zu viel Drama kann aber kitschig und peinlich wirken. Hier geht es ums Ausbalancieren. Finde deine Schreibstimme. Probiere so lange herum, bis es sich für dich richtig anfühlt.

Vermeide komplizierte Satzstrukturen oder Fremdwörter. Deine Geschichte soll so zugänglich wie möglich werden. Nutze vielleicht Bilder und Vergleiche, um deine Erinnerungen und Gefühle zum Leben zu erwecken.

Überarbeitung und Feedback

Ein gutes Memoir entsteht nicht beim ersten Entwurf. Überarbeitung und Feedback sind essentielle Schritte im Schreibprozess.

Lass deinen Text nach dem ersten Entwurf ruhen. Mit etwas Abstand kannst du ihn später objektiver überarbeiten.

Feinschliff: Achte auf Flüssigkeit, Klarheit und Konsistenz. Streiche alles, was nicht zum Kern deiner Geschichte beiträgt.

Hol dir Feedback: Lasse Vertraute deinen Entwurf lesen. Konstruktives Feedback kann deine Geschichte verbessern. Sei offen dafür, auch wenn es manchmal schwerfällt.

Und: Respektiere die Persönlichkeitsrechte Dritter. Also von den realen Menschen, über die du in deiner Geschichte schreibst. Hier gibt es persönliche und juristische Grenzen, die du niemals überschreiten solltest. Mach dir darüber Gedanken, sprich mit den Personen und informiere dich darüber, was erlaubt ist.

 

Glossar: Formen persönlichen Schreibens

Autobiografie

Eine ausführliche Darstellung des Lebens einer Person, geschrieben von ihr selbst. Autobiografien sind oft chronologisch und decken meist das gesamte Leben des Autors ab. Sie betonen historische und soziale Kontexte und wie diese das Leben des Autors geprägt haben. Neuere Beispiele von bekannten Autobiografien sind etwa „Panikherz“ von Benjamin von Stuckrad-Barre, „Becoming“ von Michelle Obama oder „Das Schloss aus Glas“ von Jeannette Walls.

 

Memoir

Dieses Genre konzentriert sich auf spezifische Aspekte oder Zeiträume im Leben des Autors, statt auf sein gesamtes Leben. Memoirs sind themen- oder ereigniszentriert und enthalten oft reflexive Gedanken und emotionale Einblicke. Sie legen den Schwerpunkt auf persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse. Aktuell hat zum Beispiel Daniel Schreiber mit „Zeit der Verluste“ ein Memoir geschrieben, in dem er den Tod seines Vaters und seinen Umgang mit der Trauer thematisiert.

 

Persönliches Essay

Ein kurzes Werk, das subjektive Gedanken, Gefühle und Reflexionen über ein bestimmtes Thema vermittelt. Persönliche Essays nutzen oft stilistische Freiheiten und sind weniger formgebunden als andere autobiografische Formen. Ein Beispiel ist Joan Didions Essay „The Year of Magical Thinking“.

 

Tagebuch

Im Gegensatz zu anderen Formen des autobiografischen Schreibens ist ein Tagebuch oft nicht für die Veröffentlichung gedacht, sondern dient dem persönlichen Gebrauch. Die bekannteste  Tagebuchveröffentlichung ist sicher „Das Tagebuch der Anne Frank„. Auch die Tagebücher von Victor Klemperer, Virginia Woolf, Sylvia Plath oder Franz Kafka zeichnen im persönlichen Schreiben ein Bild ihrer Zeit.

 

Erinnerungen

In Erinnerungen werden vergangene Erfahrungen aus der Perspektive des Jetzt erzählt. Oft wird nicht nur beschrieben, was passiert ist, sondern auch, wie diese Ereignisse vom Autor im Nachhinein reflektiert und interpretiert werden. Das Buch „Nichts, was man fürchten müsste“ von Julian Barnes ist ein gutes Beispiel für die Memoirenliteratur, in der er über den Tod und das Altern philosophiert.

 

Reiseliteratur

Ein Genre, das persönliche Erlebnisse und Beobachtungen während der Reisen des Autors beschreibt. Diese Art von Schreiben kann Elemente von Memoiren, Tagebüchern und Essays beinhalten, mit einem starken Fokus auf Orte, Kulturen und persönliche Entdeckungen. „Songlines“ von Bruce Chatwin über seine Reise durch Australien liebe ich sehr. Weitere Beispiele sind: „Eat, Pray, Love“ von Elizabeth Gilbert oder „Wild: From Lost to Found on the Pacific Crest Trail“ von Cheryl Strayed.

Sieben Bücher, die Lebensgeschichten und Autobiografien beinhalten auf einem Tisch.

Lebensgeschichte

Das Genre „Lebensgeschichte“ beschäftigt sich mit der Darstellung eines Lebens oder wesentlicher Teile davon. Es unterscheidet sich von der Autobiografie dadurch, dass der Text nicht unbedingt von der Hauptperson selbst verfasst sein müssen. Oft werden diese Geschichten von anderen Personen geschrieben, basierend auf Erzählungen, Interviews oder Forschungen. Hier sind einige Beispiele: „Steve Jobs“ von Walter Isaacson: Die Biografie des Apple-Mitbegründers basiert auf Interviews mit Jobs sowie mit Familie, Freunden, Kollegen und Konkurrenten. „Schindlers Liste“ von Thomas Keneally. Oder auch: „Die Asche meiner Mutter“ von Frank McCourt.

 

Epistolare Autobiografie

Eine seltener anzutreffende Form, in der die Lebensgeschichte des Autors durch Briefe erzählt wird. Diese können sowohl tatsächlich versandte Briefe sein als auch fiktive, die speziell für das Werk verfasst wurden. Beispiele sund „Briefe an Milena“ von  Franz Kafka oder „Briefe aus dem Gefängnis“ von Nelson Mandela. 

 

Kreatives Sachbuch

Das Genre „Kreatives Sachbuch“ (auch „Literarisches Sachbuch“ oder „Creative Nonfiction“ genannt) umfasst Bücher, die auf Fakten und realen Begebenheiten basieren, aber in einem erzählerischen, oft literarischen Stil präsentiert werden. Diese Art des Schreibens verbindet die Recherche und die sachliche Genauigkeit des Sachbuchs mit den stilistischen und erzählerischen Techniken der Belletristik. Beispiele sind: „H wie Habicht“ von Helen Macdonald, „Die Mittagsfrau“ von Julia Franck oder „Heimat“ von Nora Krug. Dieses grafische Memoir ist eine persönliche Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte und der eigenen Familiengeschichte. Krug kombiniert persönliche Erzählungen mit Fotografien, Archivmaterial und Illustrationen.

 

Biografische Skizze

Eine kurze Darstellung eines Aspekts des Lebens einer Person, oft geschrieben von einem anderen. Diese Skizzen sind meist anekdotisch und zielen darauf ab, ein lebendiges Bild einer (oft berühmten) Person zu vermitteln. 

 

Literarischer Journalismus

Auch bekannt als „New Journalism“, verwendet diese Form des Schreibens seit den 1970er Jahren literarische Techniken, um nichtfiktive Geschichten zu erzählen. Sie wird oft für Artikel und Reportagen verwendet, die sich auf persönliche Erlebnisse des Autors stützen. Zwei bekannte Autoren des Genres sind Stefanie Sargnagel und Moritz von Uslar.

 

Digitales Storytelling

Eine moderne Form des autobiografischen Schreibens, die multimediale Elemente wie Text, Bilder, Audio und Video einbindet. Digitales Storytelling wird häufig in Blogs, Podcasts und auf sozialen Medien praktiziert und für Marketing eingesetzt.

 

Schreibimpulse

Dein erster Schultag: Beschreibe deine Gefühle, Erwartungen und die Atmosphäre dieses Tages. Was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Lieblingsessen aus der Kindheit: Erzähle von einem Gericht, das dich an deine Kindheit erinnert. Wer hat es zubereitet? Gibt es eine besondere Geschichte oder Tradition, die damit verbunden ist?

Ein prägender Sommer: Denke an einen Sommer zurück, der für dich besonders wichtig war. Was hat diesen Sommer so besonders gemacht? Welche Menschen, Ereignisse oder Erlebnisse sind dir in Erinnerung geblieben?

Eine unvergessliche Reise: Erzähle von einer Reise, die einen tiefen Eindruck bei dir hinterlassen hat. Was hast du erlebt, gesehen und gefühlt? Wie hat diese Reise deine Sichtweise oder dein Leben verändert?

Ein Gespräch mit deinem jüngeren Ich: Stelle dir vor, du könntest mit deinem zehnjährigen Ich sprechen. Was würdest du ihm/ihr erzählen? Was würdest du gerne von deinem jüngeren Ich hören?

Eine alternative Realität: Überlege dir, wie dein Leben verlaufen wäre, wenn du an einem entscheidenden Punkt eine andere Entscheidung getroffen hättest. Beschreibe einen Tag in diesem alternativen Leben.

Das unerwartete Geschenk: Erzähle von einem Geschenk, das du einmal erhalten hast, das zunächst unbedeutend oder seltsam erschien, aber eine tiefe Bedeutung oder einen großen Einfluss auf dein Leben hatte.

 

An welches autobiografische Buch denkst du gern zurück? Schreibst du selbst persönliche Geschichten? Kommentiere gerne unter diesem Beitrag.

Schreibvorsätze: Wie du deine Schreibvorhaben für 2024 planst und umsetzt

Schreibvorsätze: Wie du deine Schreibvorhaben für 2024 planst und umsetzt

Ein neues Jahr ist der perfekte Zeitpunkt, um unser Schreiben zu reflektieren und konkrete Pläne für die kommenden Monate zu schmieden.  Hier erfährst du, warum ein einziger Tag im März 2020  meine Einstellung zum Planen von Grund auf verändert hat. Und  warum und wie du deine Schreibvorsätze für 2024 nicht nur planen, sondern auch konsequent umsetzen kannst.

Nie werde ich den 13. März 2020 vergessen. Ich war damals noch Kulturredakteurin bei einer kleinen Tageszeitung. Meine Kollegin und ich planten und füllten eine tägliche, lokale Kulturseite. Wir kündigten Ausstellungen, Konzerte, Vorträge, Comedy- und Theaterauftritte an und berichteten im Vorfeld und im Anschluss über diese Veranstaltungen.

Natürlich gab es auch andere Themen: Hintergrundberichte, Porträts, Interviews. Dennoch hangelten wir uns mit unserer Themenplanung hauptsächlich an den anstehenden Terminen der Woche entlang. Planung, hmm,  ja okay. Muss sein, ist aber nicht gerade meine Schlüsselqualifikation 🤷🏻‍♀️. Was soll schon passieren?

Eine weltweite Pandemie zum Beispiel. Es kam der 13. März. Der Tag, an dem es keine Kultur mehr gab und auch nicht abzusehen war, wann je wieder ein Künstler vor Publikum auf einer Bühne stehen würde. Es war später Nachmittag und ich hatte keinen Schimmer, womit ich eine blütenweiße, unschuldige Zeitungsseite füllen sollte, die in wenigen Stunden in Druck gehen würde.

Die Panik werde ich nie vergessen.

Seither weiß ich konsequente und langfristige Planung zu schätzen. Und vor allem: von Terminen unabhängige Themenplanung.

Zeitungsausschnitt. Kolumne.

Zeitungsausgabe vom Montag nach dem Lockdown. Seither weiß ich, wie wichtig Themenplanung werden kann.

 

Ich arbeite nicht mehr als Zeitungsredakteurin. Trotzdem habe ich mir für 2024 Schreibvorsätze vorgenommen und einen Redaktionsplan mit Themen gefüllt, über die ich schreiben möchte.

Meine Vorsätze: Einmal wöchentlich einen Blogartikel schreiben und einmal in der Woche einen Newsletter verschicken.

Meine Themen: KI und kreatives Schreiben, Schreibroutinen, Schreibblockaden,  Stil und Ton in unterschiedlichen Genres, Schreibtools und Bücher zum Thema Schreiben, Bedeutung von Lektorat und Feedback, persönliche Artikel wie zum Beispiel Monatsrückblicke, Buchbesprechungen und noch einiges mehr.

 

Warum wir von Schreibvorsätzen profitieren

Überlegst du, ob du dir für 2024 Vorsätze für dein Schreiben und deine Projekte setzen sollst? Hier kommen sieben gute Gründe:

  1. Schreibvorsätze helfen uns, Ziele zu setzen. Sie bieten eine Richtung und einen Fokus, was besonders wichtig ist, wenn man als Schreibender wachsen möchte.
  2. Unser Fortschritt wird messbar. Ob wir täglich eine bestimmte Wortanzahl schreiben, regelmäßig Blogposts veröffentlichen oder ein Buchmanuskript bis zu einem bestimmten Datum fertigstellen möchten – klare Vorsätze ermöglichen es, den eigenen Fortschritt zu verfolgen und zu bewerten.
  3. Schreibvorsätze ermutigen uns zur Selbstreflexion. Wir denken über Schreibgewohnheiten, Erfolge und Herausforderungen nach und können daraus zu lernen. Diese Reflexion ist wichtig für unseren Weg, unsere Entwicklung.
  4. Vorsätze fordern uns auf, die eigene Komfortzone zu verlassen. Vielleicht probieren wir neue Schreibstile aus, oder wagen uns an größere Schreibprojekte.
  5. Regelmäßiges Schreiben, wie es durch Schreibvorsätze gefördert wird, macht uns diszipliniert und ausdauernd. Zwei Eigenschaften, von denen unserer Schreiben profitiert.
  6. Wir stärken unser Selbstvertrauen. Jeder Blogbeitrag, jedes fertige Kapitel, jeder veröffentlichte Artikel ist ein kleiner Erfolg.
  7. Unsere Schreibvorsätze zahlen auf unsere langfristigen Ziele ein: Die Veröffentlichung eines Buches oder den Aufbau unseres Blogs.

SMARTe Ziele: Dein Kompass im Schreibdschungel

Von der SMART-Formel in Bezug auf Ziele hast du bestimmt schon gehört. Ziele sollen spezifisch (specific), messbar (measurable),  erreichbar (achievable),  relevant (relevant) und terminiert (time-bound) sein.

Zusammengefasst: Wir sollen unsere Ziele so setzen, dass sie uns zwar herausfordern, aber machbar und nicht unrealistisch sind.

Solche Ziele sind, auf das Schreiben bezogen, zum Beispiel:

  • Tägliches Schreiben: Setze dir das Ziel, täglich eine bestimmte Anzahl von Wörtern zu schreiben. Es muss nicht viel sein – Konstanz ist der Schlüssel. Das erreichst du mit Freewriting oder Journaling, über die ich in meinem Blog schon geschrieben habe.
  • Wöchentliche Meilensteine: Plane, jede Woche ein Kapitel zu beenden oder einen Blogbeitrag zu veröffentlichen. So siehst du regelmäßig Fortschritte.

Diese beiden Ziele reichen schon, um eine regelmäßige Schreibroutine zu etablieren, die dich in deinem Schreiben weiterbringt.

 

Richtung und Struktur in deiner Schreibreise

Indem du dir realistische Ziele setzt, gibst du deinem Schreiben Struktur und Richtung. Es ist deine eigene, einzigartige Schreibreise, und du bestimmst das Tempo. Setze dir Ziele, die dich inspirieren und motivieren und dir die Freude am Schreiben nicht nehmen, sondern erhalten.

Du kannst Apps oder Tools nutzen, um täglich deine geschriebenen Worte zu zählen oder deine veröffentlichten Artikel. Du kannst ein Vision-Board erstellen, um deine Ziele ständig sichtbar vor Augen zu haben oder dich für jeden deiner Fortschritte belohnen.

 

Tisch mit Notizblock und Stiften.

Planen mit Tools

Richtig angewendet kann uns vor allem aber ChatGPT gut helfen. Ich habe zusammen mit der KI einen 12-Monate-Redaktionsplan entwickelt und mir dann Themen für 52 Wochen zusammengestellt. Bestimmt werde ich in dieser Planung im Laufe des Jahres noch einiges ändern. Aber ich habe ein Gerüst und eine Themensammlung. Das ist verbindlich und gibt mir gleichzeitig Sicherheit.

Was ich wichtig finden: Beim Planen mit ChatGPT sollten wir Zeit investieren und den großen Vorteil des Tools nutzen: Den Dialog. Also: Themen detailliert eingrenzen, fürs Bloggen auch persönliche Artikel einplanen, mit Strategie arbeiten, SEO einplanen (lassen) – es gibt so viele Möglichkeiten.

Hast du ein Projektmanagement-Tool wie Asana oder Monday? Oder ein Notiz-App wie Evernote oder Notion? Auch hier kannst du deine Schreibziele und deine Themen hervorragend fürs Jahr vorplanen.

Ich arbeite seit einigen Monaten konsequent mit Notion und dem Workspace von Dagmar Mehling, der mich sehr gut beim Organisieren unterstützt und den ich gerne weiterempfehle.

 

Erfolgreiches Schreiben 2024: Schreibvorsätze in die Tat umsetzen

Vorsätze sind das eine. Umsetzen das andere (und Entscheidende). Vielleicht helfen dir die folgenden Vorschläge dabei, 2024 zu deinem Schreibjahr zu machen.

  • Setze dir gute Ziele. Anstatt dir vorzunehmen, „mehr zu schreiben“, setze dir das Ziel, jeden Tag 500 Wörter zu schreiben oder jede Woche einen Blogartikel zu veröffentlichen.
  • Plane feste Zeiten für das Schreiben in deinen Alltag ein und blocke diese Zeit für andere Dinge.
  • Entscheide, welche Schreibprojekte für dich im Jahr 2024 am wichtigsten sind. Konzentriere dich lieber auf ein großes Projekt, anstatt dich zu verzetteln.
  • Schreib jeden Tag. Ob morgens, mittags oder abends ist egal. Finde die Zeit, in der du am produktivsten bist.
  • Lass dich inspirieren: in Büchern, Podcasts, Gruppenprogrammen und/oder im Austausch mit anderen Schreibenden.
  • Setze dir Termine, die mit deinem Schreiben zu tun haben und trage sie jetzt schon in deinen Kalender ein: Buche einen Schreibworkshop oder nimm dir vor, 2024 beim Nanowrimo mitzuschreiben.

Ich wünsche dir ein produktives und erfolgreiches  Schreibjahr 2024 ✨

Lass mich gerne daran teilhaben. Welche Schreibvorsätze hast du fürs neue Jahr? Wie planst du am besten vor?

Jahresrückblick 2023: Changes (Turn and face the strange)

Jahresrückblick 2023: Changes (Turn and face the strange)

2023 war mein Jahr des Lernens. Ein wichtiges, schönes und ungewöhnliches Jahr. Ich habe drei Aus- und Fortbildungen begonnen. Ich habe mein Thema gefunden und mir selbst meine Website gebaut. Ich habe angefangen zu bloggen und bin in die freiberufliche Selbstständigkeit gegangen. Vieles ist noch unsicher und nicht perfekt. Aber egal.

Alles ist besser als in den Jahren zuvor.   

Mit der Wetter-App aus dem Tief: Programmieren

Mein Motto für 2023 hieß „Creativity“. Ich habe es im Dezember 22 ein bisschen ratlos in meinen Kalender geschrieben. Denn das Jahr lag wie eine unbekannte graue Masse vor mir, von der ich wusste, dass ich ihr irgendwie Gestalt geben muss, aber keine Ahnung hatte, wie.

Ein Berufsleben als Tageszeitungsredakteurin lag hinter und ein beruflicher Neuanfang vor mir, aber noch im Dunkeln. In irgendeiner fernen Zukunft, die noch nichts mit mir zu tun hatte.

Und hinter mir lag auch der würdelose Abschied aus der Redaktion, in der ich fast 25 Jahre lang gearbeitet hatte. (Fun Fact: Es gab nicht mal einen Abschied.)

Ich war bitter und betäubt.

Also tat ich das Naheliegendste.

Ich lernte programmieren 🤣.

Ohne zu wissen, was tatsächlich auf mich zukommen würde, meldete ich mich bei Shecodes an, buchte gleich einen großen Kurs und verbrachte den Winter mit HTML, CSS und Java Script vor meinem wunderschönen, blinkenden Editor. Ich jonglierte mit Tools, die so coole Namen hatten wie: Code Sandbox, Visual Studio Code, Color Picker, Bootstrap & GitHub – und war glücklich. Programmieren ist klar, eindeutig und schön. Programmieren fragt nicht, wer du bist, woher du kommst oder wie alt du bist.

Ich programmierte eine Landing Page, die mit einem Klick in den Dark-Modus wechseln kann. Ich staunte. Ich programmierte eine Welt-Uhr. Unglaublich. Ich programmierte eine Wetter-App. Das pure Glück.

(Hier geht’s zu meiner spektakulären Wetter-App 😊 😉)

Ich dachte: Wenn ich programmieren lernen kann, kann ich alles lernen.

Also habe ich einfach weitergelernt.

 

Funnel, SEO, Storytelling: Kann ich Marketing?

Ende Januar hat meine Fortbildung zum “Content Marketing Manager“ an der IU Internationale Universität angefangen. Das klingt toll und es waren aufregende fünf Monate. Aber, Spoiler:  Ich bin bis heute kein „Marketing Manager“, sondern ich fühle mich wie jemand, der gerade so die grundlegenden Marketingregeln gelernt hat.

Texten, um zu informieren, das kann ich und das war mein Anspruch in meinem Leben als Redakteurin. Texten, um zu verkaufen – das fühlt sich anders an.

 

Studienunterlagen der IU

Insgesamt nehme ich viel mit und habe auch von den Dailys während er Ausbildung profitiert, einem täglichen Format, in dem es um persönliches und berufliches Wachstum geht. Das wichtigste Learning der Fortbildung war aber: Ich habe keine Probleme damit, auf einem akademischen Niveau mitzuhalten und gute Noten zu schreiben.

Das hat mich bestärkt und mir Selbstvertrauen und Mut zurückgegeben.

 

Schreiben: Eine Liebesgeschichte in Zeiten von KI

Irgendwann im Frühling hab‘ ich es gefühlt. Ja, ich habe ein Thema, mit dem ich arbeiten möchte. Und nein, es ist nicht das Programmieren und auch nicht Marketing. Mein Thema liegt klar schon mein gesamtes Berufs- (und Studenten- und Schülerleben) vor mir.

Frei nach den Grundsätzen des Ikigai, die ich den Dailys an der IU gelernt habe.

Mache

  1. was du liebst
  2. worin du gut bist
  3. wofür die Menschen dich bezahlen und
  4. was du der Welt zu geben hast.

Mein Thema ist das Schreiben und ich kann und möchte Menschen in ihrem Schreiben unterstützen.

Buch auf einem Tisch. Titel des Buches: Leitfaden Lektorat. Daneben liegen eine Brille und Notizbücher.

Mir dämmerte allerdings schnell, dass ich den Zeitpunkt für diese weltbewegende Erkenntnis möglicherweise nicht optimal gewählt hatte. Mit ChatGPT, das ich selbst schon seit seinem Erscheinen im Herbst 2022 nutzte, und all den täglich wachsenden generativen Tools wird menschliches Redigieren, Lektorieren und auch das Schreiben stetig weiter entwertet.

Nach meinem Leben als Printredakteurin setzte ich also in meiner neuen beruflichen Entscheidung aufs nächste totgerittene Pferd, die nächste sterbende Branche.

🙄

Aber ich wurde bockig.

Ist Schreiben nicht viel mehr als Texte erstellen? Ist Schreiben nicht auch Wachsen, Denken, Lernen, persönliche Entwicklung, Haltung und Liebe? Sollen wir all das künftig an Maschinen abgeben? Wie verändern sich unsere Texte, unsere Geschichten und wir uns selbst, wenn wir nicht mehr „schreibend denken“, sondern nur noch prompten und redigieren? Können wir es uns leisten, den Schreibprozess zu überspringen? Was geht verloren? Und: Wollen wir das?

Diese Fragen trieben und treiben mich um. Abgesehen davon, dass ChatGPT vieles sehr gut kann – gliedern und coole Überschriften finden, brainstormen, Ideen sammeln, redigieren, SEO – schreibt er/sie oft schmierig süßliche, umständlich formulierte und austauschbare Texte. Das wird alles immer besser und perfekter werden, I know.

Dennoch liebe ich es, Texte von Menschen zu lesen, deren Schreibstimme klar und einzigartig durch jeden ihrer Sätze wabert. Die ihre eigenen, schrägen Formulierungen finden. Die ihre Geschichten abseits von glatten, weichgespülten Worten erzählen. Deren Sätze nicht aus recycelten und in der wahrscheinlichsten Reihenfolge wieder zusammengesetzten Buchstaben bestehen.

Ganz egal, was Maschinen künftig tun oder lassen.

Ich glaube an menschliches Schreiben.

 

Noch eine Ausbildung: Mein Weg in die Schreibberatung

Irgendetwas fehlte. Zwischenzeitlich hatte ich eine weitere Fortbildung angehängt: Die dreiteilige Ausbildung zur freien Lektorin an der Akademie der Deutschen Medien (ADM). Ich bin Mitglied im Berufsverband der freien Lektoren & Lektorinnen(VfLL) geworden und habe mich dort ins Lektorinnen-Verzeichnis eingetragen.

Mir dämmerte: Mit Texten umgehen kann ich ganz gut. Aber was ist mit den Schreibenden? Wie kann ich meine zukünftigen Kunden gut und nachhaltig in ihrem Schreiben unterstützen und nicht nur oberflächlich an ihren Texten feilen?

Ich habe mir dann einen akademischen Zugang ausgesucht, um dieses Thema anzugehen: Die Schreibberater-Ausbildung an der PH Freiburg. Soweit ich weiß, ist das die einzige offizielle Ausbildung – und schon die ersten Lektionen haben meine Sicht auf das Schreiben von Grund auf verändert.

Es war ein seltsamer Moment als mir aufging, dass ich mein gesamtes Berufsleben lang schreibe, mich aber jetzt zum allerersten Mal wirklich mit Fragen des Schreibprozesses und der Schreibforschung beschäftige. Bis dahin war mir nicht mal klar, dass es eine Schreibforschung gibt.

Frau sitzt schreibend an einem Tisch.

Wir bekamen stapelweise komplexe Literatur zum Durcharbeiten.

Schreibforschung hat, wie auch das kreative Schreiben, seinen Ursprung in den USA. Kurzer Exkurs: Dort hat das Schreiben einen anderen Stellenwert als bei uns. Creative Writing wird sowohl im Bildungssystem als auch in der breiten Öffentlichkeit hochgeschätzt und ist schon lange eine eigene akademische Disziplin. Es gibt eine lebendige Kultur rund um das Schreiben. Schreiben wird als Mittel zur persönlichen Entwicklung und als wichtiger Teil der Kultur gesehen.

Ich mag diesen Ansatz.

Auch Schreibzentren an Universitäten sind in den USA weit verbreitet. Bei uns gewinnen sie erst seit kurzem an Bedeutung. Als ich selbst studiert habe, gab es noch keine. Das akademische Schreiben wurde vorausgesetzt und war etwas, das wir uns irgendwie selbst beizubringen hatten. Nach dem Motto: Wenn du studieren willst, musst du das halt können. Mach!

Jedenfalls waren die Wochen während meines ersten Semesters dieser Ausbildung voller „Ahas“. Ich habe also eine Schreibbiografie und ich sollte sie kennen. Interessant. Es gibt Schreibertypen, die auf vollkommen unterschiedliche Art Schreibaufgaben lösen. Okay, noch nie vorher gehört. Wir haben gute und erprobte Werkzeuge, um Schreibblockaden oder andere Probleme während des Schreibens zu lösen. Schön zu hören. Unser Gehirn lernt während wir schreiben, deswegen ist es fatal, diesen Weg abzukürzen, etwa mit KI. Gut zu wissen.  

Das Prinzip für unsere Beratungen lautet: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Als Beratende hören wir zu, geben wertschätzendes Feedback und unterstützen. Das durften wir im Oktober während des zweiten Ausbildungsbausteins gegenseitig üben. In meinem Oktoberrückblick  habe ich darüber geschrieben.

 

Ich baue mir eine Website: evatextet.de

Irgendwie musste meine Selbstständigkeit anfangen. Seit Monaten tauche ich tief in der Online-Business-Bubble und fische Infos aus dem Netz. Am machbarsten erschien mir die Strategie von Judith: Mit einem Blog und Expertenwissen Sichtbarkeit und Reichweite aufbauen.

Frau mit Hoodie.

Klar war: Ich brauche eine Website.

Um es abzukürzen: Das Selberbauen der Website war die Blaupause für ganz viele Dinge und Tools, an die ich mich erstmal nicht rangetraut habe und mit denen ich heute ganz selbstverständlich arbeite.

Mein Standard-Workflow ist: Anfangen. Durchbeißen. Fehler machen. Fluchen. Tutorial anschauen. Fluchen. Weitermachen. Tutorial weitere 11 Mal anschauen. Sich mit dem Unperfekten anfreunden. Damit arbeiten. Fluchen. Schritt für Schritt optimieren.

(Danke Martin fürs Logo & Enza fürs Fotoshooting ♥️)

 

 

Meine 3 liebsten eigenen Blogartikel des Jahres

 

 

Mein Jahr 2023 in Zahlen

  • Instagram-Follower: 48 (🤣😇)
  • Facebook-Fans: 68
  • Linkedin-Kontakte: 99
  • Veröffentlichte Blogartikel: 9
  • Selbstständig seit: 1. 11.
  • Gefahrene Kilometer: 10676
  • Gelaufene Kilometer: 1365

 

 

Was 2023 sonst noch los war


Ich liebe die Bücher von T.C. Boyle. Im Juni live und mit Widmung ♥️

 

Frau am Meer im Schneidersitz
Vitamin Sea 🌊♥️

 

 


Fotoshooting mit Zoey (Foto: Felix Russmann)

Meine Worte für 2024

Write. Shine ✨. Grow.

(Repeat).

Sachbücher im Herbst: Zukunft, Realität und kreatives Sein

Sachbücher im Herbst: Zukunft, Realität und kreatives Sein

Die Zukunft selbst gestalten, statt sie einfach nur geschehen lassen: Dafür plädiert Florence Gaub in ihrem Buch „Zukunft. Eine Bedienungsanleitung“. Der britische Autor Oliver Burkeman erklärt uns, warum er positives Denken für komplett überbewertet hält. Und es gibt gesammelte Lebensweisheiten von Ikone Rick Rubin.  

 

Buchcover: Zukunft von Florence Gaub

Zukunft: Aufbruch ins Unbekannte

Die Zukunft als ein unentdecktes Land: Mit einem Zitat aus Star Trek VI beginnt Florence Gaub ihre Bedienungsanleitung für die Zukunft. Und macht gleich klar: Für die meisten Menschen ist Zukunft etwas, das passiert, nicht ein Raum, den sie gestalten. Zukunft –  das ist derzeit ein ziemlich düsterer Ort, an dem Krisen und Verwerfungen warten.

Und einer, dem niemand viel Beachtung schenkt: Schon in der Schule stehe rückwärtsgerichtetes Wissen auf dem Lehrplan, nicht zukunftorientiertes, stellt Gaub fest: Latein und Geschichte statt Weltraumforschung.

Die Zukunft ist das, was du daraus machst
Doc Brown, Zurück in die Zukunft III (1990) 

Wissenschaft: Die Entdeckung der Zukunft

Von hier aus beginnt die Politikwissenschaftlerin und Militärstrategin ihre Fahrt ins Unbekannte, aber auch sie reist zunächst zurück in Geschichte, Philosophie und die Entdeckung der Zukunft, wie wir sie kennen: Ins 17. Jahrhundert.

Denn die Geburt der Wissenschaft und das Wissen von Ursache und Wirkung nahm damals die Verantwortung für unsere Zukunft aus der gottgegebenen Ordnung heraus und legte sie uns in die eigenen Hände.

Seither können wir uns die Zukunft nicht mehr nur vorstellen. Wir können sie planen und beeinflussen.

Tagträume: Die Macht des Vorstellungsvermögens

Was die Zukunft mit Tagträumen und dem gregorianischen Kalender zu tun hat und wie Katastrophen- und Wunschdenken unsere Zukunft beeinflussen, erzählt Florence Gaub anhand unterhaltsamer Fakten und Anekdoten aus Geschichte, Neurowissenschaften, Psychologie und Sozialwissenschaften.

Zumindest reißt sie diese an. Mehr ist auf knapp 200 Seiten nicht zu schaffen. Auch als Hörbuch zu empfehlen, Florence Gaub liest selbst.

Hier geht’s zur Leseprobe.

Florence Gaub: Zukunft. Eine Bedienungsanleitung. dtv Verlagsgesellschaft, 2023, 188 Seiten, 20 Euro

 

 

Warum sich die Zukunft nicht beherrschen lässt

Das Buch des Journalisten und Autors Oliver Burkeman „Das Glück ist mit den Realisten“ knüpft sich ebenfalls die Zukunft vor – kommt allerdings zu völlig anderen Ergebnissen. Im Kapitel „Zielbesessen“ erklärt der Brite, warum sich die Zukunft gerade nicht beherrschen lässt.

Zielsetzung: Sinnvolle Planung oder gefährliche Illusion?

Ein Allzeit-Erfolgs-Rezept von Businessratgebern und Selbstoptimierungs-Gurus ist das „Zielesetzen“. Doch was, wenn Zielbesessenheit genau ins Gegenteil umschlägt?

Burkeman erläutert diesen Effekt anhand der Katastrophe, die sich 1996 am Gipfel des Himalayas ereignet und acht Bergsteigern das Leben gekostet hat. In einem „Ausbruch von Unvernunft“, wie Burkeman es nennt, ließen die 30 Gipfelstürmer, die an diesem Tag losmarschierten, ihre festgelegte Umkehrzeit verstreichen als sich auf dem schmalen Grat ein Stau bildete.

Ihre Zielbesessenheit, den Gipfel erreichen zu müssen, wurde zur tödlichen Falle. „Eine Überinvestition in Ziele“, der wir uns aussetzen, um die Ungewissheit der Zukunft besser zu ertragen, so Burkeman.

Positives Denken macht nicht unbedingt glücklich

Diese Ungewissheit treibt uns auch in die Arme von Motivationstrainern und Ratgeber-Autoren, die behaupten, wir müssten uns auf unsere positiven Gedanken und Gefühle konzertieren, um glücklich zu werden.

Warum der Autor daran nicht glaubt, erläutert er an anschaulichen Beispielen, peinliche Selbstversuche in der Londoner U-Bahn eingeschlossen.

Die Stoiker kommen ebenso zu Wort wie Einwohner eines Slums in Kenia, die laut einer Studie weit weniger depressiv sind als privilegierte Bewohner schicker Appartements an der New Yorker Upper East Side.

Das liege daran, vermutet Burkeman, dass die Kenianer schon aus purer Notwendigkeit tiefere Beziehungen zu ihren Angehörigen und Nachbarn pflegten.

Pessimismus ist, hat man sich erst daran gewöhnt, genauso angenehm wie Optimismus. 
Arnold Bennett, Schriftsteller

Von der Realität positiv überraschen lassen

Tiefe Beziehungen machen glücklich. Allerdings gingen diese immer mit Kontrollverlust und Verletzlichkeit einher.

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung machte Burkeman klar: „Wer eine tiefe Beziehung erleben möchte, muss offen sein für mögliches Unglück, anders geht es nicht“.

Er spricht sich für eine negative Visualisierung aus. So kann mach sich – im besten Fall – von der Realität positiv überraschen lassen.

Einen kleinen Blick ins Buch gibt es hier.

Oliver Burkeman: Das Glück ist mit den Realisten, Piper, 2023, 288 Seiten, 22 Euro

 

Buchcover: Rick Rubin: Kreativ. Die Kunst zu sein.

 

Musikproduzent gibt spirtuelle Empfehlungen

Rick Rubins Buch ist schon im April erschienen, kein Grund, es nicht noch im Herbst zu lesen. Der 1963 geborene US-amerikanische Musikproduzent arbeitet mit den ganz Großen, darunter Adele, Aerosmith, die Red Hot Chili Peppers, Jay Z und Johnny Cash, U2, Metallica und Mick Jagger.

Und er sieht aus wie einer, dem man seine spirituellen Lebensweisheiten abnimmt: Langes, wallendes Haar, langer, weißer Bart, durchdringender Blick.

Sein Buch „kreativ. Die Kunst zu sein“ ist kein Ratgeber, in dem es um Kreativitätstechniken oder konkrete Anleitungen zum kreativen Schaffen geht. Der Meister setzt mit seinen Empfehlungen früher an: In uns und unserer Einstellung, derzeit Mindset genannt.

Zwischen Kalenderspruch und Wahrheit

Durchzogen sind seine Einsichten von fernöstlicher Philosophie und spirituellen Gedanken, die zwischen lauen Kalendersprüchen und tiefen, nachhallenden Weisheiten schwanken.

Etwa hier: „Welches Werkzeug du auch immer für den schöpferischen Vorgang nutzt, das wahre Instrument bist du selbst. Und durch dich wird das Universum, das uns umgibt, klar erkennbar“.

Mit eindringlicher, bildhafter Sprache

Wer für diese Art des spirituellen Inputs empfänglich ist, wird Freude an dem Buch haben. Ich selbst, vollkommen unesoterisch, habe es als Hörbuch während meiner Hundespaziergänge im Wald gehört.

Für jede Idee gibt es eine rechte Zeit. Und jede findet ihren Weg, um sich durch uns auszudrücken.
Rick Rubin, Musikproduzent

So konnte ich mich ganz gut auf Rubins Gedankenreisen einlassen, die oft an die Worte während einer Yogapraxis erinnern. Rubin zeichnet den Weg des Künstlers in einer einfachen, aber eindringlichen, bildhaften Sprache nach, die zum Weiterdenken inspiriert.

Allein Rubins Rat, bei einer Blinddarmentzündung auf die eigene Intuition und nicht auf den Rat der Ärzte zu hören, sei hier keinesfalls weiterempfohlen.

Hier kann man schon mal reinlesen. 

Rick Rubin: kreativ. Die Kunst zu sein. O.W. Barth, 2023, 416 Seiten, 24 Euro

Journaling: Ein kleiner Leitfaden und 10 Tipps

Journaling: Ein kleiner Leitfaden und 10 Tipps

Journaling kann uns auf viele Arten auf unserer Reise ins eigene Schreiben begleiten. Wir brauchen nicht viel, das ist das Schöne: Notizbuch und Stift genügen, und schon kann es losgehen. Mit deinem Journal bekommst du ein mächtiges analoges Tool, das dich inspiriert und dir hilft, dich zu organisieren. 

 

 

Einführung ins Journaling: Eine Reise ins eigene Schreiben

Mit dem Journal halten wir ein Werkzeug in Händen, das uns hilft, unsere Gedanken, Ideen, Fortschritte, Herausforderungen und Reflexionen über uns, unsere aktuelle Lebenssituation, aber auch über unsere Arbeit oder ein Schreibprojekt aufzuzeichnen.

Ein Journal bietet uns einen sicheren, eigenen Raum. Ein „Zimmer für uns allein“. Hier können wir unsere Ängste und Zweifel ausdrücken und uns so entlasten.  Genauso können wir aber auch unsere Erfolge und unser Vorankommen dokumentieren – und ermutigen uns auf diese Weise selbst.

 

Mehr als Tagebuchschreiben

Das klingt ein bisschen wie klassisches Tagebuchschreiben, geht aber darüber hinaus. Ich selbst nutze Journaling vor allem als Methode, um mich zu organisieren, zu planen und zu reflektieren. Also mehr auf einer sachlichen als auf einer emotionalen Ebene. Das war aber auch schon anders, und kann sich wieder ändern – je nachdem, was mir das Leben gerade abfordert.

Hier soll es jetzt vor allem darum gehen, wie Journaling uns in unserer Arbeit und unserem Schreiben begleiten und unterstützen kann. Und wie du ganz einfach loslegen und ins Schreiben kommen kannst.

Gerne kannst du deiner Schreibroutine einen fancy Namen geben: Bullet Journaling, Mikro Journaling, Business Journaling, ein Arbeitsjournal führen. All diese Stile unterscheiden sich in ihrer Konzeption ein bisschen. Ich selbst praktiziere eine Mischung aus all diesen Arten und Stilen und habe ein eigenes Konzept, das ich immer mal wieder ändere und anpasse.

 

Struktur und Ordnung: Bullet Journaling

Bullet Journaling: Diese Methode, entwickelt von Ryder Carroll, ist ideal, um Struktur und Übersichtlichkeit in deinen Tag und deine Woche zu bekommen. Bullet Journaling kombiniert To-Do-Listen, Terminkalender, Notizbuch und Tagebuch zu einem sinnvollen Werkzeug.

Lass dich nicht von den vielen Bildern mit perfekten gestalteten Journal-Seiten auf Social Media entmutigen. Wenn du eine kreative Ader hast, probiere dich gerne aus. Ich selbst konzentriere mich aufs Schreiben und Planen und lasse alles Dekorative weg.

 

Micro-Journaling: Der einfache Einstieg ins Journaling

Wenn du noch wenig Routine hast oder Journaling einfach mal ausprobieren willst, kannst du einfach täglich ein paar Sätze schreiben, um deinen Tag zu reflektieren.

Im Micro-Journaling geht es nicht darum, ganze Seiten mit tiefschürfenden Gedanken zu füllen. Sondern darum, in kurzen, prägnanten Einträgen deinen Tag festzuhalten. Schreibe dazu Gedanken, Gefühle, Dankbarkeiten, kleine Erfolge oder ein interessantes Zitat auf, das dich berührt hat. Micro-Journaling geht schnell und ist effektiv. So kommst du in eine tägliche Schreibroutine ohne viel Zeit investieren zu müssen.

 

Business-Journaling: Dein beruflicher Weg auf Papier

Hier geht darum, deine beruflichen Erfahrungen, Ziele, Erfolge und Herausforderungen schriftlich festzuhalten. Die täglichen Schreibroutine hilft dir, eine Entwicklung, ein Projekt, einen Prozess zu verfolgen und zu reflektieren. Das gilt auch für die Arbeit an einem Schreibprojekt. 

Mit regelmäßigem Schreiben klärst du deine Ziele,  dokumentierst Fortschritte und denkst über berufliche Entscheidungen nach. Das Journal ist dein eigener, privater Raum, um über deine Erfahrungen bei der Arbeit zu schreiben, Erfolge zu feiern und (vielleicht aus Fehlern) zu lernen.

 

Reflexion: Fragen für die tägliche Schreibroutine

Für alle genannten, eher beruflichen, Formen des Journalings könntest du dir einige Fragen überlegen, die du täglich beantwortest. Reflektierende Frage wären zum Beispiel:

  • Welchen wichtigen (Schreib-) Aufgaben habe ich heute erledigt?
  • Welche Herausforderungen bin ich heute begegnet und wie bin ich damit umgegangen?
  • Was habe ich heute Neues gelernt oder entdeckt?
  • Welche Ziele habe ich für morgen und/oder die kommende Woche?
  • Gibt es Feedback oder Erkenntnisse von heute, die ich umsetzen möchte?
  • Wie war mein Stresslevel heute und was hat dazu beigetragen?
  • Wann und wobei war ich heute kreativ?
  • Wie fühle ich mich nach diesem Tag und warum?

Schreiben heißt, sich selber lesen.

Max Frisch

 

 

 

 

 

 

Starte deine Journaling-Reise: 10 praktische Tipps

  1. Such dir ein richtiges schönes Notizbuch aus oder wähle ein digitales Tool für deine Schreibroutine.
  2. Dein Journal muss nicht perfekt sein. Es ist ein persönlicher Raum für deine Gedanken und Gefühle.
  3. Überlege dir, was du mit dem Journaling erreichen möchtest. Deine Schreibprojekten planen? Ideen festhalten oder deinen Tag reflektieren? Oder alles zusammen?
  4. Entwickle eine Routine: Versuche, täglich zu schreiben, vielleicht sogar zur gleichen Zeit. Auch wenn es nur fünf Minuten sind, hilft die Regelmäßigkeit dabei, das Schreiben zu einer Gewohnheit zu machen.
  5. Nutze das Journal, um Ideen zu sammeln. Du wirst dich später darüber freuen.
  6. Halte deine Fortschritte und Herausforderungen fest.
  7. Plane und organisiere Aufgaben: Verwende das Journal, um Listen zu erstellen und deine Arbeit zu strukturieren.
  8. Nutze das Journal für positive Affirmationen, die dich motivieren und inspirieren.
  9. Bewerte und reflektiere deine Arbeit. Überlege dir, was gut lief, was du gelernt hast und was du besser machen willst.
  10. Es gibt keine „richtige“ Art des Journalings – das Wichtigste ist, dass es dir Freude bereitet und dir hilft, deine Gedanken und Gefühle zu ordnen.

 

Dein Weg zum erfolgreichen Journaling

Dein Journal ist dein persönlicher Raum, der sich mit dir entwickelt. Nutze diesen Raum auch, um deine Schreibfähigkeiten und -routinen zu verbessern, etwa mit Freewriting

Teile gerne deine Erfahrungen oder Fragen in den Kommentaren.